Prophetie J.M. Schmidt

1. Einleitung
1.1. Drei Deutungsmodelle
Propheten kennen die Zukunft.
E. Fromm: Propheten sind Aussager und Wahrsager.
E. Bloch: "Krieg den Palästen, Friede den Hüten" bereits bei Amos. Propheten sind Sozialrevolutionäre.
1.2 Gattung
Die typische Gattung für die propheten des 8. Jhds ist die zweiteilige Unheilsankündigung. Der erste teil spricht von den gegenwärtigen Zuständen und Verhaltensweisen, der zweite kündigt bevorstehenden Unheil an.
1.2.1 Verhältnis von Anklage und Ankündigung
Grundfrage ist, ist das Unheil unabwendbar? H.W.Wolff und W.H.Schmidt beantworten dies mit Nein, denn Ziel der Gesamtaussage von Anklage und Ankündigung ist sich dem Blick Gottes auszusetzen. G.Fohrer und die jüdische Tradition legen die Betonung auf die Umkehrbarkeit der Anklage durch die Änderung der Ursachen.
1.2.2 Funktion der Gattung und Absicht des Sprechers
Man muß zwischen Funktion der Gattung und Absicht des Sprechers unterscheiden, wie sich aus den Verfremdungen der Gattungen in Am 44f und Jes 51-7 zeigt. Die Absicht ist aus der konkreten Redesituation zu ersehen. Damit ist aber auch die Hörerschaft und deren Hörsituation mitbetroffen.
1.2.3 Ankündigung und Erfüllung
Die vorexilischen Unheilspropheten haben zwar das Exil angekündigt, erfüllt wurde die Ankündigung jedoch erst später. Sie wurden von den Exilierten als Ankündiger und Wahrsager verstanden und beeinflußten somit die nachexilischen Propheten und Redaktoren.
2. Anfänge der Prophetie
Auf der einen Seite Prophetengruppen, auf der anderen Seite Einzelpropheten. Gemeinsame Königsumgebung, und somit wirkten sie in der großen Politik mit. Einzelpropheten sind Elia und Elisa.
2.1. Uneinheitliches Bild der Prophetie
Zunächst gab es unterschiedliche Personengruppen aus denen sich die Propheten rekrutierten. Einzelpropheten und im Gegensatz dazu Prophetengruppen. Zu vergessen ist nicht die unter- schiedlichen Wurzel der Prophetie und natürlich die wechselvolle Überlieferungs- und Redaktionsgeschichte.
2.1.1 kanaanäische Ursprünge
Für die Prophetengruppen liegen sie im kanaanäischen Bereich, für die Einzelpropheten ist die Herkunft nicht eindeutig feststellbar.
2.1.2 andere Ursprünge
So gibt es die These vom genuin israeltischen, von dem Propheten als Wahrer der nomadischen Tradition (Seher), so Fohrer, und von charismatischen Heerbannführer, so Rendtroff.
2.2 Texte
Sie stehen den Texten der klassischen Propheten sehr nahe.
1Kön1
1Kön21
2.3 Resümee
Adressaten sind die Könige der damaligen Zeit. Anlässe: Verbrechen oder Mißstände, die mit der Machtstellung der Könige zu tun haben, die aufgrund ihrer Repräsentationsfunktion das ganze Volk bedrohen und denen gegenüber die bestehenden Ordnungen und Einrichtungen versagt haben. Gattung ist die zweigliedrige Unheilsankündigung mit Darstellung der Verhältnisse oder Verhaltensweisen, danach eigentliche Unheilsankündigung. Die Unheilsprophezeiung ist Gliedgattung  in den weiteren Gattungsrahem der Prophetenerzählungen eingebettet. Tun-Ergehens-Zusammenhang: Es bleibt Raum für Reue und Einsicht ohne jedoch den Zusammenhang aufzuheben. Dieses Motiv bietet die Begründung für das zeitlich Auseinanderrücken von Tun und Ergehen, von Ankündigung und Erfüllung.
3. Die vorexilischen Propheten
auch klassische oder Schriftpropheten genannt. Welch da sind: Amos, Hosea, Micha, Jesaja und Jeremia.
3.1 Gattung
Die Unheilsprophezeiung überwiegen und sind, in der Regel zweiteilig.
H.Gunkel: Scheltwort - Drohwort
C.Westermann: Anklage und Gerichtsankündigung
K.Koch: Lagehinweis und Weissagung
3.2 Texte
Am 41-4
Am 54-7
Jes 110-17,18-20
3.3 Resümee
Adressaten: Einzelne Gruppen oder Schichten, aber auch die ganz Bevölkerung ihrer Stadt oder ihres Landes. Gelegentlich Konfrontation mit den Amtsträgern.
Berufung auf Jahwe: unterscheidung zwischen wahren und falschen Propheten, dabei kam es zu lebensgefährlichen Auseinandersetzungen. Anlässe: Nicht mehr nur punktuelle Unheilssituationen, sondern das Scheitern des ganzen Israels ist im Blick. Gattung: weiterausgestaltete zweigliedrige Unheilsprophetie. Hinweis auf den Zusammenhang zwischen dem Fehlverhalten Israels und seiner Verstrickung in das Böse einerseits und seinem künftigen Erleiden andererseits. Anders dagegen bei Jeremia und Hosea : Verschränkung der Umkehraufforderung und Heilsverkündigung, es begründet die Heilsankündigung die Umkehraufforderung.
Bei dtr. Bearbeitungen nimmt der Umkehrgedanken weiten Raum ein.
4. Exilisch-nachexilische Prophetie
Diese heißen: Nahum und Zephania, Ezechiel, Obadja, Deuterojesaja, Haggai, Sacharia, Tritojesaja, Maleachi und Joel.
4.1 Ezechiel
Verkündigung zwischen 593 und 587 zeitgleich mit Jeremia. Jeremia in Jerusalem, Ezechiel im Exil.
Reiche Formel- und Bildsprache, sowie vielfältige Überarbeitungen und Ergänzungen zum Teil von Ezechiel selbst kennzeichnen das Buch Ezechiel. "Es geht ihm (Ezechiel) um den einen und selben Gott, der in der Geschichte beides schafft, Heil und Unheil. Damit findet die vorexilische Unheilsprophetie insofern ihren Höhepunkt, als deren Absicht, gerade auch im unheil ihrem Volk die Einheit der Gotteserfahrungen zu bewahren, beherrschend und offen hervortreten."
4.2 Deuterojesaja
etwa um 550 und 540 im Exil. Dtjes hat einen Hauch des Wind of change schon mitbekommen und die Hoffnung auf eine Heilswende entfacht. Gattungen: Heils- und Erhörungsorakel, Gerichtsrede und Disputationsworte sowie Hymnen. Anlässe: Auftreten bei Klagefeiern, direkte Auseinandersetzung mit seinen Zuhörern.
Zusammen mit Ezechiel gab er den Israeliten im Exil die Kraft in eine heilvolle Zukunft zu blicken.
4.3 Wandel und Kontinuität
Wandel gegenüber den vorexilischen Propheten besteht in der Dehnung und Vermischung der Gattungen, die Ausweitung der Heilsverkündigung ins Universale und Kosmische, deterministische Vorstellungen anbahnenden Entsprechung von Ankündigung und Erfüllung (Dtjes), individualistischer Umkehr und Heilsverkündigung sowie Ausgestaltung von überkommenen Vorstellungen z.B. Tag Jahwes (Habkuk, Zefania) Kontinuität: Alleinige Beauftragung durch Jahwe, Botenformel und Wortereignisformel und durch die Redaktions- und Überlieferungsgeschichte der vorexilischen Propheten.
4.4 Wege zur Apokalyptik
In Trjes wird von einem Mittler zwischen Jahwe und den Propheten Trjes berichtet, in Ez und Sach kommt es zu einem Nebeneinander von Mittler und Botenformel. Erste Ansätze zur Apokalyptik. Der Untergang der Prophetie hat mehrere Gründe: Verlust der Eigenstaatlichkeit, Erfüllung der vorexilischen Prophetie und Kanonisierung, Dtn-dtr Bewegung, gesellschaftliche Entwicklungen und die Reformmaßnahmen Esras und Nehemias.
4.5 Resümee
Adressaten: es bleibt bei der alten Zielgruppe, allerdings gibt es jetzt Exilierte und Überlebende, Gerechte und Sünder. Beauftragung erfolgt alleine durch Jahwe. Anlässe:(...)
Gattungen: Wenn überhaupt noch Unheilsprophezeiung, dann zwar zweigliedrig, jedoch in stark erweiterter oder sich in Auflösung befindender Form.