Der Ort der Praktischen Theologie zwischen Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft

1.Abriß der Geschichte der Praktischen Theologie

NT Past: Tim und 1+2Tit sind PTh in nuce
Alte KIrche Gregor von Nizanz
 (330-390)  Verteidigungsrede über seine Flucht aus dem Amt: die Größe des Amtes, die Gemeinde zu leiten und zu lehren fühlt sich Gregor nicht gewachsen.
Johannes Chrysostomos (§54-407) Dialog zwischen zwei Freunden über das Priestertum und seine Bürde wie seine Würde: Der eine hat seien Freund mit List der Priesterweihe ausgeliefert, sich selbst aber entzogen
 Papst Gregor der Große (%40-604) regula pastorlis: Wie einer rechtmäßig und demütig das Amt erlange, das Leben dem Amt nicht widerspreche, das Leben nicht durch die Lehrweise verliere, die Lehrweise nicht durch Anmaßung Schaden erleide
Mittelalter/Scholasitk Theologie mehr eine “theologia speculativa” Thomas v. Aquin  und damit vom Denken es Glaubens oder mehr eine “sciencia practica (Dun Scotus, Occam) und damit von der Praxis der Kirche bestimmt sein soll
Luther Vera theologia est practica. Praktische Theologie geschieht bei Luther im Sinne von “Kirchenlenkung” in Einzelschriften (z.B. “daß eine christliche Gemeine Recht und Macht habe, ihre Lehrer ein- und abzusetzen”)
Andreas Gerhard
aus Ypern erster Praktischer Theologe der Reformation (1511-1564), weil der im 4. Band der “de Theolgo seu de ratione studii Theologici” (1564) die Vorbereitung auf die kirchliche Tätigkeit bespricht und solche theologische Bücher empfiehlt, “in denen die Handlungen der Gemeinde enthalten sind und die zur kirchlichen Leitungstätigkeit heranbilden”
Pietismus PTh im Sinne einer Wiedergeburt der Gemeinde, vor allem einer geistlichen Erneuerung des Pfarrstandes.
Aufklärung zielt auf eine Praktische Theologie im Sinne einer Lehre von der Tüchtigkeit des Pastors und dem Sinn für das Nützliche
Friedrich Daniel Ernst
Schleiermacher gilt als Vater der Praktischen Theologie, in seiner “Kurzen Darstellung des theologischen Studiums” weist er innerhalb des Ganzen der Theologie den Ort zu, für die Beziehung der Theologie auf das Geschehen von “Kirchenleitung” in Kirchenregiment und Kirchendienst zu sorgen und dafür die nötigen Kunstregeln zu entwickeln.
Carl Immanuel Nitzsch 1787-1868 hat Schleiermachers Ansatz weiterausgeabreitet und noch weiter von einer Pastoraltheologie zu einer Praktischen Theologie weiterentwickelt
Seit 1945 Otto Haendler “Strukturtheologie der gegenwärtigen Kirche”
Werner Jetter “Theologie des kirchlichen Dienstes”
Manfred Seitz aszentische Disziplin
Rudolf Bohren missionarische Disziplin
Ernst Lange “umfassende Kommunikationstheorie der Kirche”
 Gert Otto “kritische Theorie religiös vermittelter Praxis in der Gesellschaft”
Dietrich Rössler “wissenschaftliche Theorie, die die Grundlage der Verantwortung für die geschichtliche Gestalt der Kirche und das gemeinsame Leben der Christen in der Kirche bildet”

2. Praktische Theologie als Theologische Disziplin seit Schleiermacher
2.1 Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher 1768-1834
In der Aufklärung hatte die Vorrangstellung der “ratio” im Wissenschaftsbetrieb der Theologie verwehrt, “Offenbarung als ein wissenschaftliches Prinzip gelten zu lassen. Johann Gottlieb Fichte (1762-1814) forderte von der Theologie eine rationale Wissenschaftlichkeit, was eine bewußte Preisgabe der Theologie als einer durch das Geheimnis der Offenbarung konstituierten Wissenschaft bedeutet. Der bisherige gemeinsame Ort der theologischen Disziplinen - Glaube und Offenbarung - bedeutet nunmehr keine wissenschaftliche Kategorie. Will Theologie ein einheitliche Wissenschaftsfach sein muß sie zwei formale Bedingungen erfüllen:

1. eine selbständige theologische Wissenschaft und
2. eine selbständige theologische Wissenschaft

Um der Wissenschaftlichkeit willen bedürfen alls theologischen Disziplinen einer wissenschaftlichen Methodik, die den Parallel-Wissenschaften in keiner Wiese nachstehen.
Um der Einheit willen muß die wissenschaftliche Arbeit der theologischen Disziplinen in einer Bestimmten Hinsicht geschehen, so daß ihnen kein anderer Ort als der der theologischen Fakultät zu kommt.

Schleiermacher wendet diese Aporie der Theo-logie, indem er einen neuen Wissenschaftsbegriff auf die Theologie an-zuwenden vermag: Die Theologie ist weder spekulative noch rationale Wissenschaft, sondern eine “verzweckte”, “positive” Wissenschaft, die einem Prinzip, einem Gegenstand zu dienen hat. Der Gegenstand für die Theologie als Wissenschaft ist die “Kirchenleitung”. Schleiermachers Postulat der Positivität der Theologie, d.h. Theologie findet ihren Gegenstand als von außen her gegeben immer schon vor - nämlich die Aufgabe der Kirchenleitung, ermöglicht zwei Ziele auf einmal zu erreichen und damit die in Frage stehende Wissenschaftlichkeit und Einheit der Theologie zu beantworten: ALs positive Wissenschaft ist Theologie:
Das erste erreicht Schleiermacher durch die Einführung eines eigenen Prinzips, das der Theolgie vorgegeben ist und durch die Wissenschaft nicht vermittelt werden kann: die Kirchenleitung. Das zweite erreicht er durch die “Aufrichtung des Zweckbegriffes der Kirchenleitung”: die kirchliche Brauchbarkeit ist der Prüfstein theologischer Wissenschaft.
Das Prinzip der Kirchenleitung gibt der Theologie ihre selbständige, einheitliche Ausrichtung/Abzweckung und vermag die wissenschaftliche Arbeit nichttheologischer Disziplinen zu integrieren, so daß Theologie unter Voraussetzung ihrer “Beziehung auf das Kirchenregiment” mit allgemein anerkannter wissenschaftlicher Methodik zu Werke geht.
“Kirchenleitung” bezeichnet weniger die konkreten Aufgaben eins buchstäblichen Kirchenregimentes, sondern betrifft vielmehr das “Wesen des Christentums”. Denn für Schleiermacher ist unter Kirchenleitung die “Selbstberufung der Theologie zur charaktervoller Pflege evangelischen Geistes und evangelischer Gesinnung” zu verstehen- mit und durch das Medium der Wissenschaft.
“Die Gliederung der Theologie richtet sich nach dem, was der Wille, bei der Leitung der Kirche wirksam zu sein, braucht, um sich in die Tat umsetzen zu können”
2.1.1 Wissen (Philosophische Theologie) stellt das Wesen des Christentums dar; Ermittlung dessen, ”was in der Entwicklung des Christentums reiner Ausdruck seiner Idee ist”; sie bezieht das Ganze der Theologie auf das Ganze der Wissenschaft
2.1.2 Kenntnis (Historische Theologie: Exegese, Kirchengeschichte und Dogmatik) “stellt jeden Zeitpunkt in seinem wahren Verhältnis zu der Idee des Christentums” dar;  sie ist das gegebene Ganze er Theologie, das in Philosophischer und Praktischer Theologie in je eigener Weise dargestellt wird: in bezug zur eigentlichen Wissenschaft und in bezug zum tätigen christlichen Leben; die Historische Theologie ist nötig, weil die Aufgabe der Kirchenleitung “die Kenntnis des zu leitenden Ganzen” erfordert, und in ihr muß sich die Philosophische Theologie bewähren und die Praktische begründen lassen.
2.1.3 Technik: (Praktische Theologie) verwirklicht das Wesen des Christentums in einer bestimmten geschichtlichen Form; sie bezieht das Ganze der Theologie auf das Ganze der Kirchenleitung
2.2 Von Schleiermacher zur Vermittlungstheologie 1810-1847
Die Idee einer Praktischen Theologie durch F.D.E. Schleiermacher und durch C.I. Nitzsch versucht Antwort zu geben auf ein Praxisinteresse, das vornehmlich dem Pietismus und der Aufklärung entstammt. Das 19. Jhd. ist die Geburtsstunde der Praktischen Theologie : sie wird reguläre Universitätsdisziplin.
2.2.1 Carl Immanuel Nitzsch (1787-1868): Praktische Theologie ist nicht mehr ein Spezialfall der wissenschaftlichen Theologie - so Schleiermacher -, sondern selbständige Disziplin neben den anderen Disziplinen. Denn die Praktische Theologie ist ursprüngliche Disziplin der Theologie, die Nitzsch als eine “scientia ad praxin”bezeichnet: “Demnach vollendet sich die kirchliche Wissenschaft durch THeorie der kirchlichen Ausübung des Christentums und wird so zu einer praktischen Theologie” I
Ihre Aufgabe: “...auf dem Grund der Idee der christlichen Kirche und des kirchlichen Lebens durch Verständnis  und Würdigung des gegebenen Zustandes zum leitenden Gedanken aller kirchlichen Amtstätigkeiten zu gelangen” Ihre Einteilung: 1. “Allgemeine Theorie des kirchlichen Lebens;
2. “Kunstlehren” (Seelsorge, Dienst am Wort)
Nitzschs “Praktische Theologie” (3 Bände, 1847-72) begründet nach dem Urteil D. Rösslers eine “Verwissenschaftlichung der Praktischen Theologie”. Letzlich ist es Nitzsch und nicht Schleiermacher, der der Praktischen Theologie ihre erste Gestalt gab. Gegenstand der Praktischen Theologie ist für ihn die “kirchliche Ausübung des Christentums” und “Übung im Christentum und zum Christentum” Seit Nitzsch ist die Praktische Theologie “integrierender Bestandteil der Theologie als Wissenschaft”; ihr thematischer Schwerpunkt ist die Ekklesiologie.
2.3 Zwischen Erweckung und Konfessionalismus 1848-1885
Die Pastoraltheolgie als empirische Parallele zur Praktischen Theologie im 18. und 19. Jhd jedoch im 20. Jhd zusehends von der Praktischen Theologie vereinnahmt.
2.4 Theologische Neuorientierung der vom Staat getrennten Kirche
1917-1945
“Die Praktische Theologie dieser Epoche begründet ihr Selbstverständnis nicht aus eine, allgemeinen Begriff der Theologie oder theologischer Wissenschaft, sondern aus den Aufgaben der kirchlichen Praxis und des Pfarrberufes”
2.4.1 Karl Barth “Rede von Gott” als enzyklopädischer Maßstab  läßt Barth Interesse an der Praktischen Theologie auf Predigt und deren Lehre schrumpfen. Homiletik wird Kerngebiet der Praktischen Theologie.
2.4.2 Eduard Thurneysen “Die Lehre von der Seelsorge”: “Und darum steht neben der historischen und der systematischen Theologie als dritte Gestalt die praktische Theologie, weil und indem der Akt dieses Weiterlaufens des Zeugnisses christlicher Glaube als geschehende Wahrheit als solcher Gegenstand einer gesonderten Betrachtung und Belehrung sein will” Das Aufgabenfeld der Praktischen Theologie ist im Wesen der “Wortes Gottes” impliziert.
Liturgik
1. Geschichte des Gottesdienstes
1.1 Gottesdienst im NT
1.1.1 Jesus und der Gottesdienst
1.1.1.1 Kontinuität zum jüdischen Gottesdienst Jesus respektiert den Tempelkult Mk121ff Mt52,3f u.a. und nimmt selbst am Synagogengottesdienst teil Mk31 Lk416 und nutzt ihn zur Schriftauslegung Mk121,39,62 Mt935 Lk415 Joh659. Jesus hat die Frömmigkeitsübungen der Juden grundsätzliche akzeptiert, doch:
1.1.1.2 Infragestellung des kultischen Charakters des Gottesdienstes
Für Jesus ist die Wertung rein-unrein nicht an die Ordnung kultisch-profan gebunden. Damit fällt die Unterscheidung zwischen Welt und heiligen Bezirk und der Opferkult als Versöhnungsritus Mk21ff,71ff Jesu Umgang mit dem Sabbatgebot Mk228 die Bestimmung des Tempels und sein Schicksal Mk1117,1233,132 Im Bewußtsein des angebrochenen Reichs Gottes lehrt Jesus seinen Jünger das Vater Unser Mt69ff. Bitte ums Reich und Vertrauen auf Gott, Unmittelbarkeit: Gott ist der Vater. Stärker noch ist das Abendmahl im Kontext des Reiches Gottes zu sehen.
1.2 Die Apostelzeit
Quellen: 1Kor11-12,14 Apg242,46f,542,204ff Prägend war das Osterereignis und die Gewißheit der Auferstehung des Herrn und seiner Gegenwart. Im Zentrum des Gottesdienstes stand die Mahlfeier als Ort der Gegenwart des Herrn und als Ausdruck der Hoffnung auf seine Wiederkunft. Für die Mahlfeier gilt - ab Paulus - Gemeinschaft in gemeinsamer Teilhabe an Brot und Wein.
1.3 Weitere gottesdienstliche Elemente im NT
1.3.1 Wort: Biblische Lesungen: Gesetz, Schriften, Propheten Evangeölienstoffe und Briefe. Evangelium (freie Verkündigung). Lehre, Offenbarung, Weissagung, Zungenrede.
1.3.2 Gesang: Psalmen und andere Lieder: 1Kor1426 Eph519 Kol316
1.3.3 Gebete: Vater Unser (Doxologie am Schluß), Dankgebete Phil46, Fürbitten 2Thes31. Diese Gebete sind alle an Gott gerichtet, eine Ausnahme ist der Ruf “Maranatha”, der an Christus gerichtet ist. Gebetshaltungen: Stehen, Knien, Proskynese.
1.3.4 Bekenntnisformeln: z.B. Röm1010
1.3.5 Doxologien: 2Kor1131, Gal15 Phil420
1.4 Die frühkatholische Zeit
1.4.1 Hintergrund: Die Kirche lebt unter dem Druck des römischen Staates und im Einfluß des Gnostizismus. Abgrenzung bilden sich allmählich feste Formen heraus: Regula fide (Glaubensregel und Gewährleistung der Zuverlässigkeit der Lehre durch Bindung an das monarchische Episkopat und den apostolischen neutestamentlichen Kanon)
1.4.2 Auswirkungen für den Gottesdienst
1.4.2.1 Abendmahl gilt als Opferhandlung der Kirche (schon bei Justin, bei Cyprian abgeschlossen)
1.4.2.2 Leiter des Gottesdienstes wird zum einzig zur Opferdarbringung befugten Priester (Justin - Tertullian - Cyprian)
1.4.2.3 Taufe und Abendmahl unterliegen der Arkadisziplin
1.4.2.4  Wortverkündigung und Eucharistie kombiniert, Gewicht jedoch auf Eucharistie.
1.5 Die westliche Liturgien vor der allgemeinen Verbreitung der römischen Messe
1.5.1 Bezeichnung des Gottesdienstes sacrificium, oblatio, actio, dominium, schließlich summum officium. Seit Mitte des 5. Jhd: missa
1.5.2 Die Meßformulare
richten sich in ihre Ausgestaltung nach dem Kirchenjahr. Ab dem 4. Jhd ist die lateinische Sprache die Sprache des Gottesdienst.
1.5.3 Die wichtigsten Gottesdienstformen
Es gibt zwei Grundtypen den römischen und den gallischen Typus
1.5.3.1 Nordafrika: Wahrscheinlich ein eigenständiger Liturgietypus (beeinflußt orientalisch, gallisch und römisch) Die Predigt hatte einen festen Platz und die Epiklese. Das Abendmahl wurde als Opfer verstanden, das die Kirche mit dem Vater und dem Heiligen Geist darbringt. Das Opfer ist Danksagung und Erinnerung.
1.5.3.2 Die mailändische Messe: Der sogenannte ambrosianische Ritus: Besonderheiten: seit Ambrosius  (340.397) Übung des lateinischen Volksgesangs - Hymnen, in Gründonnerstagesmessen eine Art Epiklese und das Nicaenum.
1.5.3.3 Die gallikanische Messe: Verbreitung in Gallien und Frankreich, Charakteristika: aufeinanderfolgende Einzelgebete, soweit möglich ist der Teil der Messe am Kirchenjahr orientiert, gefühlsbetont, Opferprozession (Einzug), das agioß, Anamnese, Ursprung nicht geklärt, orientalische Einflüsse.
1.5.3.4 Die spanische oder mozarabische Messe: gehört zum gallischen Typus: Charakteristika:  Ursprünglich Beginn mit Lesungen, “silitium facite”, keine Predigt, Darbringung der Gaben durch die Gemeinde am Altar, Nicaenum, Umschreibungen des “Maranatha”-Rufes, Ursprung ist unklar orientalischer Einfluß
1.5.3.5 Die keltische und angelsächsischer Messe: keltisch: soweit noch Zeugnisse vorhanden Verwandtschaft mit altgallischer Form, angelsächisch: deutlich an Rom orientiert.
1.5..4 Entwicklung und Gestalt der römischen Messe
1.5.4.1 Hintergrund: Erst im 4. Jhd löst die lateinische Sprache die griechische im römischen Gottesdienst ab. Bis dahin gab es noch eine einheitliche Grundgestalt aller Gottesdienste: Lesung. Predigt, Fürbittengebet, Bereitstellung von Brot und Wein, Konsekration, Ausspendung. Relativ sicher ist, daß als der Schöpfer der lateinischen Gebetssprache Papst Leo der Große (440-461) zu gelten hat.
1.5.4.2 Die Sakramentare sind Zusammenstellungen verschiedener Sammlungen liturgischer Formulare zu bestimmten Festen. Das älteste römische Sakramentar ist das sog. Leonianum (7.Jhd), es geht zum Teil auf Leo den Großen zurück. Das nächste wichtige Sakramentar ist das Gelasianum, das dritte war das Gregorianim, in seiner Urgestalt von Papst Gregor dem Großen (590-604). Aus Gelasianum und Gregorianum entwickelte sich schließlich das römische Meßbuch. Das gregroianische Sakramentar wurde durch Teile aus dem Gelasianum erweitert. Zeitweilig existierten Gelasianum und Greogrianum nebeneinander in Rom. Im 8. Jhd, gerät das Gelasianum in Rom außer Gebrauch. Zurück bleibt allein das Grergorianum.
1.5.4.3. Eigenart der römisch-fränkischen Messe
Sehr affekt betont, Hang zu dramtischer Gestaltung, durch lateinische Sprach wird Meßliturgie zum Reservat der Kleriker, Leises Sprechen des Kanon wird üblich, aktive Teilnahme der Gemeinde am Abendmahl geht zurück.
1.5.4.4 Vereinheitlichung der römischen Messe
Bonifatius (672/675-754) führt die römische Messe in seinem Missionsgebiet ein. 754 machte Pippin die römische Messe zur offiziellen Gottesdienstform des Frankenreiches. In den Reformklöstern schließlich begann eine Gottesdienstreform. Im 13. Jhd. wählte der Franziskanerorden das Missale secundum usum Romanae curiae zur Grundlage seiner Meßliturgie.
1.5.5 Die liturgische Erneuerung seit Mitte des 19 Jhd
Abstand zwischen Gemeinde und Altar, seltene Kommunion, starke Marienverehrung, Herz-Jesu-Kult, Heilige usw. Die liturgische Bewegung des 19Jhd. hatte deutliche Mitbeteiligung der Gemeinde an der Kulthandlung zum Ziel.
1.5.6 Erste Kultusreformen
1951/52  Restitution der Osternacht
1957  Abänderung des Nüchternheitsgebotes vor der Kommunion
1958  In bestimmten Messen dürfen bestimmte Teile der Liturgie in der Landesspra -   che gelesen werden.
1961  Alle Gottesdienstteilnehmer sollen in die Opferhandlung der Messe einbezo -   gen werden.
1.5.7 Das II. Vaticanum 1963-65
1963 Constitutio de Sacra Liturgia formuliert vier Grundbekenntnisse:
In der Liturgie ist Christus gegenwärtig als Hoherpriester seiner Gemeinde vor Gott und in seinem Dienst in opfernder Hingabe an Gott.
Liturgie ist heiligendes Geschehen an der ganzen Kirche und verlangt nach Beteiligung der Gemeinde
Liturgie geschieht zeichenhaft. Zeichen müssen verstehbar und mitvollziehbar sein.
Liturgie ist Ziel der Kirche und Quelle ihre Kraft.
Daraus ergeben sich u.a. folgende praktische Konsequenzen:
Meßopfer ist möglichst in und mit der Gemeinde zu feiern
möglichst nur nicht eine Messe in einem Kirchenraum - Einheit des Leibes Christi
Sakrament und Glauben gehören zusammen
in bestimmen Fällen Abendmahl in beiderlei Gestalt auch für Laien
Stärkere Betonung des Wortes. Predigt als Gnadenmitttel, Einheit von Wortgottesdienst und Eucharistiefeier, Einrichtung eigener Wortgottesdienste projektiert
Beteiligung der Gemeinde durch Lesungen in der Volkssprache, Gebete und  Gesänge. Ausgenommen davon bleib nur der Kanon Missae. Mittlerweile gibt es jedoch drei neue Formen des Kanon Missae, seit 1968 auch auf Deutsch. Bestimmte Änderungen der Messe obliegen jetzt den Bischofskonferenzen der Länder und nicht mehr allein der Ritenkongregation.
1.5.8 Die römische Messe
Eröffnung:  Einzug, Begrüßung, Schuldbekenntnis Kyrie, Gloria, Taggebet
Wortgottedienst:  Schriftlesung mit Gesängen, Predigt, Glaubensbekenntnis, Fürbitte
Eucharistiefeier:  Opfervorbereitung
    Bereitung des Altars, Darbringung der Gaben (begleitet von Gesang)     Händewaschen des Priesters, Einladung zum Gebet
    Opferhandlung (Hochgebet)
    Danksagung, Sanctus, Weihebitte, Einsetzungsbericht und Wandlung,     Gedächtnisgebet, Darbringungsgebet, Fürbitten, Lobpreis
    Opfermahl
    Herrengebet, Brotbrechen, Mischen der Elemente, Agnus Die, Stilge-    bet, Kommuninosempfang mit Gesang Stillgebet oder Hymnus, Schluß
    gebet
Abschluß:  Gruß und Segen des Priesters, Entlassung
1.6 Der Gottesdienst der lutherischen Reformation
1.6.1 Luthers Gottesdienstverständnis
Der Gottesdienst ist im Kontext der Rechtfertigungslehre Dienst Gottes am Menschen. Christus ist im Wort und in den Sakramenten gegenwärtig. Gottesdienst ist heilsnotwendig durch den Sakramentscharakter des Wortes. Gott redet zu uns durch sein Wort - wir reden zu ihm durch sein Gebet und Lobgesang. Für Luther ist die pädagogische Funktion des Gottesdienstes wichtig. Ziel: Zur Erkenntnis des Heils und zum Glauben führen. Von seiner Theologie her muß Luther an der römischen Messe alles kritisieren, was Werkgerechtigkeit darstellt und gegen die Bibel spricht. Das Wort hatte stärker in den Vordergrund zu rücken.
1.6.2 Neue Formen der Messe vor und unabhängig von Luthers Deutscher Messe
1.6.2.1 Die ersten Neugestaltungen
1521 Karlstadt im Wittenberg: Abendmahl in beiderlei Gestalt, kein Kanon Missae, nur noch   deutsch gesprochene Einsetzungsworte. keine Elevation, Beseitigung der Meßgewän  -  der und Heiligenbilder.
1522 Luther nimmt diese Entwicklung zurück - Invocavitpredigten. Er läßt keine äußerlichen   Neuerungen zu, tilgt nur den Opfergedanken, der Kelch ist freiwillig.
1.6.2.2 Luthers Entwürfe von 1523, Formula missa et communionis
Nur noch einmal in der Woche findet die Messe statt; Mette und Vesper werden zu Predigtgottesdiensten, Privat und Totenmessen werden ganz beseitigt. Luther lehnt sich eng an die römische Messe an. Der Gottesdienst findet auf Latein statt.
1.6.2.3 Müntzers “deutsch evangelische Messe 1524, und andere deutsche Messen
Müntzers Deutsche Messe ist ganz eng an die römische Messe angelehnt. Das Wichtigste ist die   deutsche Sprache - durchgehend. Inhaltlich soll die Messe auf Lob und Dank ausgerich -  tet sein.
1533 entstand aus einer lateinisch-deutschen Messe aus Nürnberg die Brandenburg-Nürnberger   Kirchenordnung.
1.6.2.4 Luthers “Deutsche Messe” von 1526
Luther hat die römische Form stark reduziert, den ganzen Kanon ausgelassen. Die Gemeinde singt einen Teil der liturgischen Stücke. Die Deutsche Messe sollte nur an Sonntagen gehalten werden. Überhaupt lag Luther nicht daran, die lateinische Messe durch die deutsche zu ersetzen. An Sonn- und Feiertagen wurden drei Predigt gehalten. Luther hielt sich an die überlieferten Lektionsreihen. Montag und Dienstag abend wurde über den Katechismus und von Mittwoch bis Samstag über eine lectio continuas gepredigt.
1.6.3 Die Entwicklung im 16. Jhd nach Luther
Es gibt im lutherischen Bereich keine Einheitlichkeit der Gottesdienstordnung. Die meisten Gottesdienstformen gehen weit hinter Luthers Deutscher Messe zurück. Sie orientieren sich an den herkömmlichen Meßformularen. Bugenhagen in Wittenberg verdanken wir auch in der Abendmahlsliturgie die Stellung des Vater Unsers vor den Einsetzungsworten. Es gab vor allem in GEbieten, die nicht dem schmalkaldischen Bund angehörten, noch fast katholische Gottesdienste und in an deren Bereiche sehr schlichte, an den mittelalterliche Prädikantengotessdienst angelehnte Formen - vor allem in Süddeutschland. Im groben kann man von drei Grundtypen reden: Bugenhagens, an Luthers Deutsche Messe orientierte Gottesdienstordnung, die Brandenburg-Nürnberger KO und die süddeutschen Prädikantengottesdienste.
1.7 Das Zeitalter der Orthodoxie bis zur Aufklärung
1.7.1 Die Orthodoxie
Feste Formen; lange, lehrmäßige Predigt, Pflicht zum Gottesdienstbesuch und Kontrolle. Das protestantische kirchliche Leben hatte sich nach der Reformation durch den 30jährigen Krieg noch gar nicht richtig festigen können. Nagel weist ausdrücklich auf die Blüte des Kirchenliedes und der Kirchenmusik in der Zeit der Orthodoxie und auf die große Anzahl der Erbauungsbücher hin.
1.7.2 Der Pietismus
Gegen den Formalismus in der Orthodoxie erhob bald der Piestismus innerhalb der Kirche Protest. Er legte besonderes Gewicht auf die Erweckung und Bekehrung des Einzelnen und ein der Heiligung entsprechendes Leben. Durch die Akzentsetzung verliert der Gottesdienst an Bedeutung, das Leben, der Glaubensvollzug wird zum Gottesdienst. Die Pietisten bildeten in kleinen Kreisen (Konventikeln) ihre eignen Formen gottesdienstlicher Zusammenkünfte aus. Die Masse der Kirchgänger und Gemeindeglieder gelten nicht als Gläubige. In ihren Konventikeln fühlen sich die Piesten nicht an die Ämterordnung der Kirche gebunden.
1.7.3 Aufklärung und Rationalismus
Das Stichwort der Aufklärung ist “Vernunft”. Alles, was an den alten Agenden altertümlich, unverständlich und undruchsichtig erschien, wurde kritisiert. Man versuchte neue agendarische Formen zu entwickeln. Um Eintönigkeit zu vermeiden sollten die Liturgien von Sonntag zu Sonntag wechseln. Alles sollte in sich zusammenhägen, durchschaubar, vernünftig sein. So wird auch der Prediger als Lehrer gesehen, der die Gemeinde zu vernünftiger Gottesanschauung und tugendhaftem Leben anleiten soll. Die Predigt war stark individualistisch.
Die folge dieser “liturgische Bewegung” war nicht so seht eine neue Liturgie, Abschaffung aller alten Formen, als vielmehr inhaltliche Veränderungen. Gottesdienst wurde zu Gottesverehrung, die Musik zur Herstellung einer feierlichen Stimmung und frommer Gefühle. Das Ziel war harmonische Einheit aller Versammelten in Gedanken und Empfindungen
1.8 Lirugik im 19. Jhd
1.8.1 Lutherische Liturgik
Die lutherische Liturgik wandte sich im 19. Jhd der theologischen und historischen Liturgieforschung zu. Das Ergebnis war eine Annäherung an die Gottesdiensttheolgie Luthers, ein Durchforschung älterer lutherischer Gottesdienstformen und eine Besinnung auf urchristliche Gottesdienstformen.
1.8.2 Die Agende Friedrich Wilhelms III
Ziel der Agendenreform des Königs war zum einen die Union zwischen reformierten und lutherischen Gemeinden in seine Ländern (Unierte Kirche Preußens), die er durch eine einheitliche Liturgie glaubte fördern zu können; zum anderen, eine Agende zu entwickeln, die den alten reformatorischen Formen möglichst nahe war. Aus drei Fassungen entstand schließlich die Agende für die evangelische Kirche in den königlichen preußischen Landen. Sie wurde 1829-38 in den verschiedenen Provinzen eingeführt.
Die Einführung der Agende stieß vor allem in reformierten Gemeinden auf Widerstand. Die Liturgie war stark lutherisch geprägt. Außerdem gab es Konflikte im Hinblick auf das Sakramenstverständis. So entstand 1834 die “abgekürzte Liturgie”, die für Früh- und Abendgottesdienste und für Gemeinden ohne Chor gedacht war. Sie wurde von den reformierten Gemeinden benutzt
1895 erschien eine neue Agende, in ihr gab es jetzt offizielle Formen des Hauptgottesdienstes; erste (lutherische) Form und die andere Form. Damit war der Streit zwischen den Konfessionen jedoch noch nicht behoben.
Die Einschätzung der Agende Friedrich Wilhelms III ist unterschiedlich: Nagel hält sie für fast durchweg positiv. Albrecht dagegen bescheinigt ihr in erster Linie Zusammenhangslosigkeit und Verunstaltung der Tradition. Den Grund für die Agendenarbeit des Königs sieht er in der dessen Wunsch nach Wiederherstellung der Ordnung in seine durch Napoleons Ansturm erschütterten Ländern. Den Rückgriff des Königs auf die Tradition, besonders auf die lutherische, hält er für verhängnisvoll.
1.9. Die liturgischen Bewegungen
1.9.1 Die ältere liturgische Bewegung
1.9.2 Die jüngere liturgische Bewegung
 Ökumenische Vereinigung des Augsburgischen Bekenntnisses
Berneuchener - 1923 - (Michaelsbruderschaft). Kirchliche Arbeit von Alpirbach. Dieser Gottesdienstreform ist die Aufnahme orthodoxer, römisch-katholischer und altlutherischer Formen und Elemente ion den Gottesdienst eigen. Da geht über das Stundengebet und Privat beichte zu Gregorianik, Offertorium, Anamnese und Epiklese. Der Gottesdienst wird zu einer n Texten, Farben und Gesten reichen Zeremonie. Auch die Wiederaufnahme des Opfergedankens in die Eucharistiefeier wird theologisch diskutiert.
1.10 Die Agendenarbeit nach dem 2. Weltkrieg
Sowohl die VELKD als auch die EKU legten in den 50er Jahren eine überarbeitete Agende für ihre Kirchen vor.
1.11 Neue Gottesdienstformene seit 1960
Seit ca. 1960 wird im Bereich der EKD mit neuen Gottesdienstformen experimentiert.
1.11.1 Politischer Gottesdienst
1968 entstand der “Arbeitskreis politisches Nachtgebet”, ein ökumenischer Kreis, der davon ausging, “daß Glaube und Politik untrennbar sind”, daß also auch Gottesdienst politisch sind und sein müssen. Der Ablauf der politischen Nachtgebet war ein durchdachter Wechsel zwischen Meditation und Information, Ansprache und Diskussion, Gebet und Aktion. Das politische Nachtgebet hat Einfluß auf andere Gottesdienste gehabt (politische Predigt, Kommentargottesdienste usw.)
1.11.2 Der festliche Gottesdienst
Vor allem auf H. Cox “Das Fest der Narren” zurückgehend, soll der Gottesdienst der Phantasie und Kreativität der Menschen Raum geben und ihnen ermöglichen, aus ihren festen Ordnungen auszubrechen, d.h. Übungs- und Lernfeld der Freiheit zu sein. Umsetzung in liturgischen Nächten.
1.11.3 Der Familiengottesdienst
stellt einen Versuch dar, die leidvolle Trennung von Erwachsenen- und Kindergottesdienst zu überwinden. Gefahr dabei ist entweder eine Intellektualisierung oder eine verneidlichende Banalisierung. Die eigentliche Kunst des Familiengottesdienstes besteht darin, immer wieder neu den Mittelweg zu finden.
1.12 Rückbesinnung auf feste Formen, Traditionen und Rituale im Gottesdienst seit 1975
1.12.1 Strukturpapier der lutherischen liturgischen Konferenz
Es gibt eine Grundstruktur von fünf Schritten:
1. Eröffnung, 2. Anrufung, 3. Verkündigung und Bekenntnis, 4. Abendmahl und 5. Sendung. Das alte Grundschema der Liturgie von Ordinarium und Proprium taucht also wieder auf. Die neue Agende der EKD, die in den 90er Jahren erscheinen soll. wird nach dieser Grundstruktur erarbeitet sein und Raum für Ausformungsvarianten freigeben.
1.12.2 Gottesdienst als Ritual
W. Jetter bietet eine Analyse der Funktionen des Rituals und der sozialpsychologischen und kommunikationstheroretischen Aspekte im Hinblick auf die stabilisierenden und lernaktivierenden Formen des Gottesdienstes.
1.12.3 Lima-Liturgie
Die sogenannte Lima-Liturgie wurde und wird häufig gefeiert bei ökumenischen Anlässen und hat eine neue litrugische Sensibilität erzeugt.
1.13 “Unser Gottesdienst”
Der Gottesdienst im Namen des erhöhten und gegenwärtigen Herrn Jesus Christus bilden die Mitte des gesamten Lebens der Gemeinde und ist in zwei Hauptabschnitte gegliedert: Wortverkündigung und Feier des Abendmahls.
1.13.1 Eingangsteil
Eingangslied
Sündenbekenntnis: bitte der Gemeinde um Vergebung ihrer Sünden
Eingangspsalm:  nach dem Kirchenjahr wechselnden Inthroitus
Kyrie eleison  Notruf der gefallenen Natur um Gottes Hilfe und Erbarmen in aller     Bedrängnis
Gloria   Gemeinde nimmt den Gesang der Engel zugleich mit dem Kyrie auf     und stimmt mit ihm ein in den Lobpreis der Barmherzigkeit
Kollektengebet  bringt eine Bitte vor Gott
1.13.2 Wortteil
Schriftlesung  Epistel: Die Gemeinde vernimmt das apostolische Zeugnis
    Evangelium: Taten und Worte Jesu Christi
Lied der Woche  Teilnahme der Gemeinde an der Verkündigung des göttlichen Wortes
Credo   Nizänisches oder apostolische Glaubensbekenntnis
    als Lobpreis Gottes, der sich in Jesus Christus uns zugewandt hat.
Predigt   nicht menschliche Rede über irgendein religiöses Thema, sondern     sie     legt der Gemeinde von heute den biblischen Text in ihrer Sprache     aus und bezeugt ihr so in der Kraft des Heiligen Geistes Gottes     Willen, sein Gebot und seine Verheißung.
Predigtschlußgebet
Predigtlied  Amen der Gemeinde zur Predigt
Dankopfer  seit den Anfängen der Kirche wichtiges Stück des Gottesdienstes
Abkündigungen  Hinweis auf das vielfältige Handeln Gottes im Leben seiner Gemeinde
Allgemeines Kirchengebet Fürbittengebet für die Kirche Gottes und ihre Glieder, für die öffent    -    liche Ordnung im Lande und für alle Notleidenden
1.13.3 Sakramentsteil
Dankgebet  Präfation
Sanctus   Heilig, heilig, heilig: Lobpreis der Gemeinde derer, die noch auf Erden     unterwegs sind, vereinigt sich mit dem himmlischen Lobpreis der     Engel und der Vollendeten.
Abendmahl  Das große Geheimnis, daß Jesus Christus in, mit und unter Brot und     Wein leiblich inmitten seiner Kirche für uns gegenwärtig ist, bildet     den Inhalt des heiligen Abendmahls.
Konsekration  Die Gemeinde in den Einsetzungeworten hört  ihren Herrn
Vater Unser  als Gebet am Tisch des Herrn und der
Friedensgruß  leitet zur Austeilung des Sakraments über
Agnus Dei  dabei treten die Kommunikanten an den Altar, um den Leib und das     Blut Christi unter der Gestalt von Brot und Wein zu empfangen.
1.13.4 Schlußteil
Schlußgebet  Dank für die im Sakrament empfangene Gabe die Bitte Gott möge     sein Geschenk in unserem Glauben und Leben fruchtbar werden     lassen.
Friedenswunsch
Segen   Sendung in die Welt, damit dort der Gottesdienst im umfassenden     Sinn seinen Fortgang nehme
 

1.14 Das Kirchenjahr
Von der wöchentlichen Begehung des “achten Tages” als dem Auferstehungstag ergibt sich der erste Ansatzpunkt für die Entstehung des Kirchenjahres.
Im 2. Jhd besondere Feier des Auferstehungstages.
325 auf dem Konzil von Nicäa wurde der Tag auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond festgelegt. Zur Vorbereitung entsteht eine 40tägige Fastenzeit. Die Sonntage der Vorfastenzeit werden Septuagesimä, Sexagesimä, Estomihi, Invokavit, Reminiszere, Okuli, Lätare, Judika.. Höhepunkt der Fastenwoche ist die Karwoche (Althdt.: Kara = Klagen, Wehklagen Trauer), sie beginnt mit dem Palmsonntag, Gründonnerstag (grün = grein = weinen, klagen, seufzen) mit den Evangelium von der Fußwaschung als Tag der Einsetzung des heiligen Mahls. Der Karfreitag ist der Tag des Opfertodes Christi, der Karsamstag der Tag der GRabes ruhe des Herrn.

Weihnachtsfestkreis
25. Dezember Geburtsfest Jesu
Fastenzeit
Adventszeit
6. Januar Epihpaias

Osterfestkreis
Ostern
40 Tage Vorfastenzeit
Karwoche
Gründonnerstag
Karfreitag
Karsamstag

Pfingstfestkreis
45 tägige Freundenzeit
Pfingsten
 
 
 
 

 Die Sonntagsnamen: Quasimodogeniti, Miserikordias Domni, Jubilate, Kantate, Rogate, Christi Himmelfahrt, Exaudi. Der Himmelfahrtstag wurde erst im 4. Jhd in die Freudenzeit eingefügt. Seit 1334 wird der Sonntag nach Pfingsten als das Fest der heiligen Dreieinigkeit (Trinitatis) gefeiert.
Als Geburtstag Jesu wurde in der Ostkirche der 6. Januar begangen. in der Westkirche setzte sich im Lauf des 4. Jhd der 25. Dezember als Geburtsfest Jesu durch. Die Adventszeit als Fastenzeit lagerte sich vor. Die Dauer der Adventszeit schwankte zwischen zwei bei den syrischen Jakobiten und sieben Wochen Adventszeit im armenischen Brauchtum. bis zum 11. Jhd setzte sich der römische Brauch vier Adventssonntag zu begehen durch. Der 6. Januar wurde mit Akzentverschiebung zu einem Tag der Christus-Epiphanie. Das Kirchenjahr begann ursprünglich mit der Osternachtsfeier und schloß mit dem Karsamstagsgottesdienst, erst mit der Entstehung des Weihnachtskreises begann das Kirchenjahr mit den Advent.
Erst im 19. Jhd kamen noch das Erntedankfest, der Reformationstag und die letzte Woche im Kirchenjahr mit Volkstrauertag, Buß- und Bettag und Totensonntag.
2.1 Das Wesen des Gottesdienstes nach P. Brunner und E. Lange
2.1.1 Methode
2.1.1.1 P. Brunner
Dogmatische Lehre vom Gottesdienst. Ohne rechte Lehre vom Gottesdienst kann es nicht seiner rechten Ausübung kommen. Die Lehre vom Gottesdienst hat ihre Norm im Wort der Offenbarung Gottes und ihren Ort in einer konkreten kirchlichen GEmeinschaft. Diese ist für Brunner die evangelisch-lutherische Kirche.
2.1.1.2 E. Lange
Funktionsanalyse des Gottesdienstes. Ist das Wort ward Fleisch Kernsatz des Evangeliums und ist er Gottesdienst Mandat des Fleischgewordenen, so muß alles Zusammenkommen in seinem Namen die Funktion haben, der Fleischwerdung des Wortes in einer konkreten Situation zu dienen.
2.1.2 Ausgangspunkt
2.1.2.1 P. Brunner
Ausgangspunkt ist  Gottes Heilsökonomie. Der Gottesdienst ist eine Heilsstiftung Gottes. Er geschieht in einem dreifachen “eschatologischen transitus”: “im transitus dieser Welt zum Reiche Gottes, im transitus diese sterblichen versuchlichen Leibes zu seiner Auferstehung von den Toten, im transitus, der die Natur zur Freiheit der Kinder Gottes befreit und die Kinder Gottes zu engelgleichem Sein verwandelt”
2.1.2.2 E. Lange
Der Gottesdienst Jesu. Jesus leistet mit seinem eigenen Glauben Bürgschaft für den Anbruch der Gottesherrschaft hier und jetzt. Als Zeuge des Glauben wird er am Kreuz in Frage gestellt und in der Auferstehung von Gott beglaubigt. wo Christus herrscht, indem er Mensch zum Glauben bringt, steht die Welt im Anbruch der Vollendung, geschieht Gottesherrschaft. Die Kirche ist Instrument der Selbstdurchsetzung Jesu in der Welt. Also entspringt aller kirchlicher Gottesdienst im Gottesdienst Jesu.
2.1.3 Das Wesen des kirchlichen Gottesdienst
2.1.3.1 P. Brunner
Der Gottesdienst ist ein eschatologisches Phänomen. Er steht am Ende des Weges, den Gott zur Verwirklichung des Heils mit der Menschheit gegangen ist. Der Gottesdienst geschieht im Pneuma - nämlich in dem in der Kirche auf Erden erscheinenden Leib Jesu. In der Taufe wird der Einzelnen in den gekreuzigten Leib Jesu hineingenommen. Im Gottesdienst setzt sich der in Kreuz und Auferstehung geschehenen Anbruch der neuen Welt Gottes in sich und repräsentiert diese; er ist zugleich Voraus-Vergegenwärtigung ihrer nicht ausstehenden Zukunft. Das Heil kann nur so bewahrt werden, daß wir im Wort bleiben und im Gekreuzigten-Erhöhten bleiben. Dies geschieht im Gottesdienst durch Wortverkündigung und Abendmahl. Die Wortverkündigung ist einerseits Christus-Anamnese, andererseits die geistgewirkte Gegenwart des einmaligen Heilsgeschehens im Gottesdienst im Wort vom Kreuz greift das Kreuzesgeschehen selbst nach den Menschen und übereignet ihnen Rettung und neues Leben
Auch das Abendmahl ist heilsmächtige Anamnese: In, mit und unter der Feier des Mahles wird Golgatha hier und jetzt Ereignis. So ist das Abendmahl Repräsentation der Aufrichtung des Neuen Bundes durch Jesu Tod und Antizipation der mit seiner Auferstehung eingeleiteten Heilsvollendung Den Kommunikanten wird die Frucht des Opfers Jesus zugeeignet.
2.1.3.2 E. Lange
Der Gottesdienst lebt ganz von der Christusverheißung, der in Christus angefangenen Vollendung. Gott ist nur so gedient, daß Menschen in der Verheißung bleiben.
Bei der Verheißung bleiben bedeutet:
*Bleiben in Kommunikation,
*Bleiben bei er Überlieferung: das Verkündigunsgeschehen hat Verheißung, weil und insofern das Chrisutsereingis darin zu Wort kommt,
*Bleiben an der Realität: in der Welt will Gott zur Herrschaft kommen. Darum muß die Kirche der Wirklichkeit treu bleiben und Tradition und Situation zusammensprechen
Gemeinde verwirklicht sich ihrem Wesen nach immer in Phasen. “Ekklesia” und “Diaspora”, statt Sammlung und Sendung.
Zwischen den beiden Phasen gibt es den Vorgang er Bundeserneuerung, “in dem Menschen, die in die Sackgasse der Glaubens geraten sind, der ungekündigten Treue Gottes gewiß werden”. Die Bundeserneuerung geschieht in im Gottesdienst  im traditionellen Sinn: in der Liturgie der Kirche. Inbegriff der Bezeugung ist die Wortverkündigung, Inbegriff des Bekenntnisses das Abendmahl, sofern man diese als gemeinsames Essen und Trinken im Namen Jesu in Fortsetzung der Tischgemeinschaft Jesu mit seinen Jüngern versteht.
2.1.4 Folgerungen für die Gestalt des Gottesdienst
2.1.4.1 P. Brunner
 Eine dogmatische Lehre vom Gottesdienst kann nicht die Gottesdienst-Ordnung in einzelnen begründen; sie soll vielmehr die kritischen Grenzen abstecken, in denen sich jede konkrete Gestaltung halten muß. I n dem breiten Spielraum, der zwischen dem unbedingt Gebotenen und unbedingt Verbotenen bleibt, geht die konkrete geschichtliche Gestalt des Gottesdienst hervor:
*Aus der Bejahung der ökumenischen Verpflichtung
*aus der Achtung vor der besonderen Überlieferung der jeweiligen Konfessionskirche,
*aus der Erkenntnis, daß nur von der gegenwärtig gebrauchten Gottesdienstform aus der nächsten Schritt getan werden kann,
*aus der Bereitschaft, dem nicht zu widerstreben, was Gottes Geist jetzt und hier neu formen will.
2.1.4.2 E. Lange
Die Verkündigung müßte aus dem Gespräch erwachsen, Liturgie aus der Wirklichkeitserfahrung: `flüssige´ Liturgie. Der Ernstfall des Glaubens ist der Alltag, die Diasporaphase der Gemeinde. Die vom `Laien´wahrgenommenen Außenfunktionen der Gemeinde sind heute wichtiger als die von den Hauptamtlichen versehenen Innenfunktion.
*absolutio: Freispruch nicht von der alltäglichen Wirklichkeit, sondern für sie, im Fest der Bundeserneuerung
*promissio: Eröffnung der Zukunft, Wiedereinsetzung des müde gewordenen Menschen in seine unter das Licht der Verheißung gestellte Wirklichkeit
*missio: Auftragserneuerung, Anstiftung zur Freiheit und zum Aufbruch in den Alltagsgottesdienst.
2.2 Manfred Josuttis
Es lassen sich vier Typen von Gottesdienstverständins unterscheiden
2.2.1 das “kultische Verständnis”
(Berneuchener u.a.) konzipiert über die bloße ratio, über den profanen Bereich und über das  Individuum hinausgreifendes Ritual, bei dem der Vollzug mehr zählt als die konkrete Ausführung. Kriterium des Gottesdienstes ist ob er transparent für die Erfahrung des Heiligen ist. Problematisch sind:
* Die Unterscheidung von heilig und porfan,
* die besondere Wertigkeit des “liturgischen Werks” (gegen Rechtfertigungslehre)
* die Nichtbeachtung der geschichtlichen Dimension liturgischer Formen.
2.2.2 Das “kerygmatische Verständnis”
 (Barth u.a.) konzipiert die Proklamation des Evangeliums im Menschenwort, wodurch alle Liturgie relativiert wird. Kriterium des Gottesdienstes ist die theologische Richtigkeit der Predigt. Richtig  daran ist, daß der Verkündigung hier der Vorrang vor der Feierlichkeit als solcher eingeräumt wird. Problematisch ist die drohende Identifizierung von theologischer Vokabel und theologischer Sache.
2.2.3 Das “politische Verständnis”
(Steffensky/Sölle u.a.) Konzipiert den Zusammenhang von Glaube und Politik bzw. von Verkündigung und Aktion. Kriterium des Gottesdienstes ist seine Effizienz, die Bewährung des Gottesdienstlichen Inhalts im Alltag. Richtig daran ist, daß das Wort mir der Wirklichkeit dieser Welt zu tun haben will. Problematisch sind die damit verbundenen schnellen Identifizierungen und dogamtischen Engführungen.
2.2.4 Das “kreative Verständnis”
(H. Cox, Das Fest der Narren) konzipiert die spielerische Suche nach Ritualen und Symbolen, welche experimentelle Phantasie freisetzen. Kriterium des Gottesdienstes ist das Maß an ermöglichter Sponatneität und Selbstfindung. Richtig daran ist, daß die ganheitliche Dimension des Menschen in den Blick kommt. Problematisch ist der drohende Verlust der politisch-kritischen Dimension.
Eine Regelung des Konkurrenzverhältnisses, in dem diese vier Theorien zueinander stehen, ist nicht zu erzielen durch:
a) kirchenamtliche Zulassung bzw. Ausschaltung bestimmter Konzepte, weil so die Diskussion zu einer Machtfrage umfunktioniert wird,
b) die Forderung nach “liturgischem Pluralismus” (W. Jetter), weil so das Nebeneinder der Frommen ermöglicht wird, ohne die dahinterstehenden Differenz der Inhalte zu sehen.
Ermöglicht werden muß stattdessen ein “Reflexionsdialog” zwischen den Konzepten, in dem die Gesprächspartner darauf verzichten, sich gegenseitig ihre Kriterien vorzuführen, sondern sich stattdessen um eine Verständnis für die Position der jeweils anderen bemühen. Ziel ist der Versuch einer inhaltlichen Synthese, die dann einen formalen Pluralismus zulassen kann. Die Frage, was der Gottesdienst sein soll, muß abgelöst werden von der Frage, was der Gottesdienst überhaupt leisten kann.
2.3 Kommunikative Elemente des Gottesdienstes
Kommunikative Elemente sind verbale und nonverbale Elemente
2.3.1 Verbale Elemente
2.3.1.1Differenzierung zwischen Ordinarium und Proprium: Der Wechsel zwischen festen und variablen Formen verallgemeinert gottessdienstliche Einzelsituation zu einem Regelwerk und macht damit den Gottesdienst wiederholbar, d.h. unabhängig von Zeit und Ort seines jeweiligen Vollzugs.
2.3.1.2 Differenzierung zwischen Sprechen und Sprechgesang/Gesang: Sprechen ermöglicht die einfachste Form von Mitteilung. Gesang und Sprechgesang erhöhen den Integrationsgrad der TeilnehmerInnen und bieten die Möglichkeit zum Ausdruck von Emotionen.
2.3.1.3 Differenzierung zwischen dem kommunikativen Sinn verbaler Elemente: Es gibt: *kerygmatische Kommunikation, wo der Amtsträger die Gemeinde anredet (Predigt, Lesungen, Segen), *dialogische Kommunikation, wo Amtsträger und Gemeinde im Wechselgespräch stehen (Gruß, Sündenbekenntnis - Kyrie -Gnadenzuspruch - Gloria), *repräsentative Kommunikation, wo der Amtsträger im Namen der Gemeinde redet (Gebet)
2.3.2 Nonverbale Kommunikation
2.3.2.1 Gesten und Gebärden: Sie dienen entweder der Verhinderung unerwünschter Kommunikation oder der Verstärkung verbaler Kommunikation.
2.3.2.2 Bewegungen: Sie drücken als vertikale Bewegungen besondere Ehrfurcht oder besondere Unterwerfung und als horizontale Bewegungen Platzwechsel.
2.3.2.3 Berührungen: Sie drücken ein besonders intensives/intimes Kommunikationsverhältnis aus und kommen im Gottesdienst kaum vor.
2.3.2.4 Symbolische Elemente: Sie dienen der Verobjektivierung behaupteter oder tatsächlicher Kommunikation durch repräsentative Gegenstände.
2.3.3 Diese Elemente erscheinen innerhalb des Gottesdienstes in einer bestimmten geordneten BEziehung zu einander. Diese ist bestimmt durch:
2.3.3.1 Agende (Kommunikationsformular) schreibt alle für den Ablauf relevanten Elemente extrem genau vor und schaft damit eine fast 100%ig genormte Kommunikation. Vorteil: Erst die Auswahl aus der Fülle möglicher Verhaltensweisen ermöglicht echte Kommunikation.. Nachteil: Spontane Kommunikation wird verhindert.
2.3.3.2 Gottesdienstraum nimmt Einfluß auf das Ge- oder Mißlingen von Kommunikation durch: *seine Größe, * seine Ausgestaltung, * seine Gliederung
2.3.3.3 Pfarrer (Kommunikationsrollen) nimmt innerhalb des von der Agende gesetzten Rahmens die inhaltliche Füllung weiter Teile der Kommunikation vor und hat damit harausragende kommunikative Kompetenz. Vorteil: Im Gottesdienst selbst werden störende Konflikte ausgeschaltet. Nachteil: Es entsteht eine Herrschaftssituation, die nur zur Unterdrückung, nicht zur Regelung von Konflikten geeignet ist.
2.3.4 Was kann ein so strukturierte Prozeß überhaupt leisten?
Ich soll “die Sprache des Glaubens” lernen (kerygmatische Theorie), ohne selbst sprechen zu dürfen.
Ich soll gesellschaftsrelevant aktiv werden (politische Theorie), bin aber zur Passivität verurteilt.
Ich soll schöpferische Potenzen entwickeln (kreative Theorie), bin aber in meinem Verhalten restlos determiniert.
Die verschiedenen aktuellen theologischen Zielsetzungen des Gottesdienstes können nur durch eine grundsätzliche Veränderung der Kommunikationsstruktur des Gottesdienstes realisiert werden.
2.3.5 Es stellt sich die Frage, welchen Sinn der Gottesdienst in seiner gegenwärtigen Struktur noch hat. Hauptgrund: Gewohnheit. Als Situation “fehlerfreie Reproduktion” leistet der Gottesdienst dreierlei: *Er bestätigt vorhandene Einstellungen, *er bestätigt Gruppenidentität, *er ver-mittelt Kontinuität.
Dies Funktionen können nicht einfach alternativ zu neuen/alten Zielen gesehen werden. Jedes (Um-)Lernen, auch im gottesdienstlichen BEreich, provoziert Identitätskrisen, die durch Wiederholungssituationen (d.h. traditionelle Gottesdienste) aufgefangen werden müssen.
2.4 Frieder Schulz
Ein Ausschuß von Mitgliedern der Lutherischen Liturgischen Konferenz und Vertretern der unierten Kirchen erarbeiteten ein Strukturpapier zur Frage der formalen Gestaltung des Gottesdienstes. Wünsche waren *Besserer Verständlichkeit der Liturgie, *Gemeinde- und situationsbezogenen Gottesdienste, *Mehr Gestaltungsspielraum im Gottesdienst und den gewandelt Verhältnisse *Rückläufiger Gottesdienstbesuch, *neue, erprobte Gottesdienstformen Rechnung zu tragen. Dabei sollte die Einheit und die Vielfalt des Gottesdienstes ermöglicht werden.
Vier Aspekte waren für die Erarbeitung des Strukturpapiers von 1974 maßgeblich: *Revision der geltenden Agenden, *Ökumenische Konvergenz” der Liturgien, *Neue Gottesdienstformen. und *Ergebnisse zu Gottesdienstumfragen.
So kam es zu Grundstruktur und Ausformungsvarianten, die dem Gottesdienst seine unverwechselbaren Charakter geben soll:
Konsequenzen:
1. Gottesdienst als vertrautes Versammlungsgeschehen - Grundschritte als Identitäts- und Identifikationsmerkmal.
2. Gottesdienst als gastfreundliches  Versammlungsgeschehen - einladender Charakter der Gottesdienste; angenehme Atmosphäre
3. Gottesdienst als dienstliches Versammlungsgeschehen - gemeinsame Gestaltung des Gottesdienstes durch Pfarrer, Älteste, Gemeinde
4. Gottesdienst als hörerInnengerechtes Versammlungsgeschehen - sprachliche Ausgestaltung ist gegenüber dem theologischen Gehalt sekundär = sprachliche Anpassung der Verkündigung an die jeweilige Situation.
5. Gottesdienst als gemeindegerechtes Versammlungsgeschehen - Anpassung der Liturgie an die Verhältnisse der jeweiligen Gemeinde
6. Gottesdienst als offenes Versammlungsgeschehen - Möglichkeit der thematischen Akzentuierung der Gottesdienste
7. Gottesdienst als durchschaubares Versammlungsgeschehen - Vielfalt gottesdienstlicher Formen wird möglich = besseres Verstehen der liturgischen Formen und Inhalte
8 Gottesdienst als auftragsgemäßes Versammlungsgeschehen - Evangelium als Kriterium der Gottesdienstformen: neue Stellung von Sündenbekenntnis und Credo nach der Predigt vermeidet Mißverständnis im Sinne einer zu erbringenden Vorleistung; Abendmahl als integraler Bestandteil des Gottesdienstes.

I Eröffnung
II Anrufung
III Verkündigung und Bekenntnis
IV Abendmahl
V Sendung

Poimenik
1. Geschichte
1.1 Neues Testament
Der Begriff “Seelsorge” ist kein biblischer Begriff! Der Mensch soll sich um seine Seele gerade keine Sorgen machen, den Gott sorgt für die Seele. Als Entsprechung zur Seelsorge dient allenfalls das Bild des guten Hirten Jesus Christus Joh10.
Der Akt der Seelsorge ist dem NT jedoch nicht fremd: Die Begriffen paraklein (trösten), nouqetein (mahnen, zurechtweisen) oikodomein (befestigen, gründen auf), sterizein (stützen, kräftigen) stehen für das Handeln der Gemeinde. Auferbauung und Stärkung im Glauben waren die Ziele.
1.2 Alte Kirche
Vor die Taufe mit ihrer Reinwaschung von Sünden, tritt die Umkehr. In ihr ist der Ort der seelsorgerlichen Ermahnung. Aus der Überzeugung heraus, daß Sünden, die nach der Taufe begangen wurden, aus Gottes Gnade heraus gebüßt werden können, entwickelte sich eine kirchliche Institution im Westen. Dabei variiert die Strenge der Bußzucht.
Hipployt oder Novitian vertraten die harte LInie, dagegen hielt Cyprian v. Karthago, die mildere “via media”. Für ihn sind die lapsi Kranke, denen man zu Hilfe kommen muß. Sie seien nicht tot, sondern noch halb am Leben. Durch den rechten Umgang mit ihrer Buße, (sei nicht abweisen, aber auch nicht vorschnell wiederaufnehmen) kann ihnen geholfen werden.
Im Osten gibt es dies Institutionalisierung noch nicht. Gott und das Schicksal züchtigen den Sünder, nicht aus Rachsucht Gottes, sondern zum Nutzen des Sünders. Wie der Leib durch Arznei und Operation, müsse die Seele durch Mahnung, Trost und überführende Bloßstellung geheilt werden.
Origenes sieht in der Buße die Vorraussetzung für das Fortbewegen auf das große Ziel. Die Seele kann sich für das aufsteigen zum Vollkommenen oder für den Abstieg entscheiden. Die erkannten Hindernisse auf ihrem Weg verabscheut sie. Dabei kann nicht nur der Pfarrer, sondern auch ein begabte Lehrer die Buße abnehmen.
1.3 Mittelalter
Hier gewinnt die Privatbuße immer größere Bedeutung. Sie kommt aus der keltischen Kirche nach Westeuropa. Die scholastische Theologie nimmt sie auf und vertieft sie. Sie wird zum heils-notwendigen Bußsakrament ausgebaut.
Die Privatbuße kann nun unbegrenzt wiederholt werden. Der Priester spricht nun ohne die Öffentlichkeit der Gemeinde die Sündenvergebung zu erlegt die Bußleistung auf (nach dem libri poenientialies). Es können auch Erstzleistungen (Geld) erbracht werden. Die Bußleistung wird nun das Hauptstück der Buße. Das Bußwesen wird verrechtlicht und veräußerlicht. Das IV Laterankonzil setzt 1215 die Beichtpflicht auf einmal im Jahr fest mit anschließender Eucharistie. Buße wird zum Gnadenmittel der Kirche.
Thomas von Aquin untermauert dies dogmatisch. Erbsünde und Tatsünde werden durch das Leiden Jesu vergeben, in den Sakramenten wird dies wirksam. Buße ist ein Sakrament, sie hat drei Bestandteile: contritio cordis - confessio oris - satisfactio operis
1.4 Reformation
1.4.1 Luther prangert den Mißbrauch der satisfactio operis durch den Ablaß an, was zu einer neuen Auffassung der Buße führt. Die Buße ist kein Akt, sondern - weil´s die menschliche Natur als ganze sündhaft ist - eine Lebenshaltung. Die Sündenvergebung gründet sich nicht auf Reue oder gar auf Bußleistung, sondern nur auf die Zusage der göttlichen Vergebung. Ihr muß vertraut werden. So gibt es neue Teile der Buße:

Das Wort der Buße als Zeichen
Die Sündenvergebung, der Trost las Sache
Der Glaube an die Absolution

1520 bezeichnet er Taufe und Abendmahl, damit eng verbunden die Buße als die drei sarkamentale Zeichen des einen Sakraments Sündenvergebung.
1.4.2 Zwingli verfaßte mit der Schrift “Der Hirte” 1523 die erste protestantische Darstellung einer pfarramtlichen Seelsorge. Seelsorge ist das Wächteramt der Kirche, das eine neue christliche Lebensordnung schaffen und öffentliche Sünden brandmarken und verhindern soll. Die Obrigkeit soll den Bestand des Christentum schützen und für öffentliche Sittlichkeit sorgen. Seelsorge hat nichts mit dem Einzelne zu tun, sie ist der öffentliche Angriff auf die Schäden der Zeit.
1.4.3 Bucer legt in seiner Schrift “Von der wahren Seelsorge und dem rechten Hirten” 1538 zum erstenmal eine theologisch und biblisch begründete Theorie der Seelsorge vor, mit praktischen Ratschlägen. Seelsorge wird ekklesiologisch begründet: Der Leib Christi führt zur Verantwortung und Dienstbarkeit aller Christen füreinander. Seelsorge soll das Regiment Christi in der Gemeinde aufrichten. Dies kann und soll jeder Christ. Seelsorge ist Dienst am entfremdeten und abgefallenen sowie am  “gesunden” Gemeindeglied. Sie soll zur kirchlichen Gemeinschaft erzogen werden. Kirchenzucht soll nicht strafen, sondern dem Evangelium dienen. Buße ist keine Genugtuung für vergangene Sünden, sondern eine Arznei gegen gegenwärtige und zukünftige.
1.4.4 Für Calvin muß sich der Seelsorger tief in den Einzelnen einfühlen, sich in seine Nöte hineindenken und für ihn da sein. Die Beichte ist der erste Ort der Seelsorge, sie wird jedoch nicht gefordert, sondern lediglich empfohlen. Eine weitere Möglichkeit ist der Hausbesuch (seit 1550 in Genf eingeführt). Hier werden Glaubensprüfungen durchgeführt, damit niemand zum Abendmahl komme, der nicht den Grund seines Heils kenne. Die Kirchenzucht ist ein weiterer Ort der Seelsorge. Sie reicht von der persönlichen ERmahnung über die wiederholte Vermahnung bis zum Verbot der Teilnahme am Abendmahl oder dem Ausschluß aus der Gemeinde. In der Seelsorge sollen auch Kranke und Gefangene besucht werden.
1.4.5 Altprotestantische Orthodoxie: Die Beichte bildet den Mittelpunkt der Seelsorge und ist Voraussetzung für die Teilnahme am Abendmahl. Seelsorge ist ohne Kirchenzucht nicht denkbar, das Konsistorium wacht über sie, Beichte und Glaubensverhör ist hier moralische Erziehung mit gesetzlichen und polizeilichen Zwangsmaßnahmen, nicht Rat oder Hilfe.
n der reformierten Orthodoxie wacht im Gegensatz zur APO die ganze Gemeinde und die Ältesten über die Kirchenzucht. Sie bildet mit Haus-, Kranken- und Gefangenenbesuchen und der Abendmahlsvorbereitung Seelsorge.
Die Reformorthodoxie des 17. und 18. Jhd handelt die Seelsorge im Rahmen der Pastoraltheologie ab. Charakteristisch ist der Nachlassen und langsame Aufhören der Kirchenzucht, der Beichtzwang stößt auf Widerstand. Die Laien beaufsichten die Priester und ihr Handeln.
1.4.6 Im Pietismus soll sich der Seelsorger nicht mehr beschränken auf den mechanischen Vollzug der Beichte. Seelsorge ist auch außerhalb der Beichte und Kirchenzucht notwendig (Spener). Seelsorge ist das GEspräch, sie geschieht in Gruppen und Laien sind gleichberechtigt neben dem geistlichen Stand.
1.4.7 In der Aufklärung wird der Geist der Humanität und Menschenwürde zur Losung des Christentums. Theologie antwortet auf Fragen menschlicher Existenz. Seelsorge ist Christenpflicht mit dem Ziel der Aufklärung und moralischen Besserung. Ziel ist das Zurechtkommen und Fertigwerden des Menschen mit seiner vernunftemäßigen Bestimmung
1.4.8 Schleiermacher leistet eine neue Phase der Seelsorge ein. Er machte sei zu einer eigene Disziplin. Seelsorge ist der teil des Kirchendienstes, der sich mit dem Einzelne befaßt, der aus der “Identität mit der Gemeinde herausgefallen” ist. Ziel dieser Form der Seelsorge ist die Reintegration. Dabei ist der Pfarrer nicht Vormund des Gemeindegliedes, sondern einfühlsamer Gesprächspartner. Das Gemeindeglied soll zu einer eigenen Entscheidung geführt werden. Dies bedarf einer Vertrauensbeziehung zwischen den Gesprächspartnern. Später erweiterte Schleiermacher das Konzept über die Ausnahmesituation hinaus, jeder bedarf des Zuspruchs.
1.4.9 Nitzsch erweitert die Aufgabe der Seelsorge über die kirchliche Lebenswirklichkeit hinaus auf die allgemeine menschliche Lebenspraxis.
1.4.10 Köstlin stellt den gelebten Glauben des einzelnen in den Vordergrund. Seelsorge soll die Frömmigkeit fördern, ethisches Handeln anleiten und den Heilswillen Gottes verkünden. Sie ist Sache der Gemeinde
1.4.11 Drews, Niebergall und Baumgarten treten für die Einbeziehung der Erfahrungswissenschaften in die Praktische Theologie ein. Geschichtliche Entwicklungen, religionspsychologische Erkenntnisse und religionssoziologische Aspekte sind zu beachten. “Gott die Seele zu erhalten ist Priesterpflicht eines jeden Christen gegen seine Mitchristen”. Die Grenze bildet die Selbstverantwortung des Anderen.
1.4.12 Pfister tritt für eine Integration der psychoanalytischen Forschungsergebnisse und Methoden in die Seelsorge ein. Seelsorge soll sich um die leiblichen und seelischen Nöten er Gemeindeglieder kümmern, sich nicht mehr nur auf Sünde, Krankheit oder Irrtum beschränken. Psychoanalytisch gewonnene Selbsterkenntnis kann klären, warum theologische Erkenntnisse nicht existentiell nachvollzogen werden können.
1.4.13. Dialektische Theologie: Seelsorge “ist nicht Sorge um die Seele des Menschen, sondern Sorge um den Menschen als Seele. und wir verstehen darunter: der Mensch wird aufgrund der Rechtfertigung gesehen als der, den Gott anspricht in Christus. Dieses Sehen des Menschen als eine, auf den Gott seine Hand gelegt hat, das ist der primäre Akt aller wirklichen Seelsorge.”
1.4.13.1 Für Thurneysen liegt der Grundkonflikt zwischen Mensch und Gott. alle zwischenmenschlichen Konflikte sind Folgeprobleme. Seelsorge ist verkündigende Seelsorge, sie führt zur Erkenntnis der Sünde. Aber dieses seelsorgerliche Gespräch wird “im Lichte der ergangenen Gnade ... umgeben von Schutze der Vergebung” geführt.
Seelsorge ist Ausrichtung des Wortes Gottes an den einzelne in einer bestimmten Situation. Die Seele des Menschen als Ganzheit von Leib, Seele und Geist unter dem Anspruch Gottes ist der Gegenstand. Seelsorge geschieht im Gespräch. Die sich hier begegnenden werden zum Nächsten. Der  Mensch wird erst in der Anrede zum Du, das sein Ich entdeckt. Gott begegnet und redet in der Begegnung von Nächsten in der ganzen Wirklichkeit. Die SeelsorgerIn ist eine vor Gott sprechende und übermittelt das Wort Gottes. Gott bleibt dabei aber der Handelnde! Methode ist das Beten um den heiligen Geist. Die Not des Seelsorgepartners ist die Gottesferne, sie steht hinter jeder Not. Es geht also um Gotteserkenntnis. Unter der Voraussetzung der Sündenvergebung kann es zur Sündenerkenntnis kommen aufgrund der Überführung des Wortes Gottes
1.4.13.2 Asmussen: Ziel der Seelsorge ist die Begnadigung des Sünders, die Bezeugung der Möglichkeit der Gnade und die Bekehrung als eine reale Wendung von sich selbst zu Gott.
2. Lehrbücher der Seelsorge in Stichworten
2.1 Seelsorge der Dialektischen Theologie am Beispiel Thurneysen
Seelsorge ist Verkündigung von Gottes Wort an den Einzelnen. Sie ist ein Mittel das den Einzelnen zu Predigt und Sakrament und damit zum Wort Gottes führen , ihn in die Gemeinde eingliedern und dabei erhalten will. Seelsorge ist auch das Mittel, durch das der Einzelne vor seiner geistlichen Verwahrlosung gerettet wird. Sie vollzieht sich im Gespräch, in dem um die Durchsetzung des Urteils Gottes von der Vergebung der Sünde bestimmt.
2.2 Patoralpsychologische Seelsorge
Seit 1868 ist der Einfluß der US-amerikanischen Seelsorgebewegung in Deutschland spürbar. Man verstand Seelsorge in Analogie zur Psychotherapie, rezipierte verschieden psychotherapeutische Methoden und schuf als neue Ausbildungsform die Klinischen Seelsorge Ausbildung (KSA)
2.2.1 H.Faber/E. van der Schoot
Seelsorge geschieht nicht nur indem, was gesagt wird, sonder auch durch die interpersonalen Beziehungen zwischen Seelsorger und Klient. Für die erst Phase des Gesprächs, zur Herstellung einer vertrauensvollen Beziehungen (Klientenzentrierte Methode nach C. Rogers) Der Seelsorger soll nicht moralisierend, generalisierend, interpretierend, diagnostizierend oder appelativ reagieren, sondern den Ratsuchenden unbedingt annehmen, sich in ihn einfühlen und dessen Gefühle verbalisieren. In der zweiten, der eigentlichen Phase des Gesprächs kommen die traditionelle Mittel er Seelsorge, Gebet, Beichte Absolution, Segen u.ä. zum Zuge
2.2.2 H. Clinebell
“In der beratenden Seelsorge wird das Evangelium von der Barmherzigkeit Gottes durch die bedingungslose Wertschätzung des Klienten in die Sprache der Beziehung übersetzt und erfahrbar gemacht. Die heilende Kraft liegt in der Annahme. Clinebell benützt die klientenzenrierte Gesprächsmethode eklektisch.
2.2.3 H.-J. Thilo
De Annahme des Partners ist für ihn das Erfahrbar-machen von Gottes Ja, das er in Christus zu unserem So-sein gesprochen hat. Analyse von Kasualgesprächen mit der psychoanalytischen Methode, dabei deckt er die ambivalenten Gefühle beim beschreiten von Grenzen zwischen Lebensabschnitten und die verschiedenen Abwehrmechanismen auf.
2.2.4 R. Riess
befragt verschiedene tiefenpsychologische Schulen und die Kommunikationsforschung nach Einsichten und stellt der kerygmatischen Seelsorge von Thurneysen die “eduktive”, die das seelische und geistliche Wachstum fördernde Seelsorge nach S.J. Hiltner gegenüber. Diese ist eine Weiterbildung der partnerzentrierten Therapie nach C. Rogers und erstrebt eine Komplementarität von Theologie und Psychotherapie. Von einem neuen Verständnis des poimenischen Propriums erwartet Reiss die Überwindung der Identitätskrise vieler heutiger Seelsorger.
2.2.5 J Scharfenberg
Das Gespräch hat therapeutische Kraft. Der Seelsorger muß von der Psychoanalyse lernen, auf die interpersonale Dynamik zwischen ihm und dem Ratsuchenden zu achten Widerstand undÜbertragung bei diesem zu erkennen und die eigene Gegenübertragung zu kontrollieren.
2.2.6 M. Kroeger
verknüpft die Klientenzentrierte Methode , nach der der Seelsorger den Klienten bedingungslos annimmt und durch Einfühlung dessen Selbstexploration und Entwicklung fördert, mit der themenzentrierten Methode, die nicht auf die Personbeziehung beschränkt, sondern auch an einem personenbezogenen Thema arbeitet. Thema der Seelsorge ist die Gottesfrage, die beim Einzelnen in je verschiedener Weise mit der Frage nach der Identität und der Frage nach dem Sinn verflochten oder in dieser verborgen ist und oft die Gestalt von Krisen und Konflikten hat. Seelsorge ist damit Lebensberatung, Hilfe zur Menschwerdung im Medium des christlichen Glaubens und Hilfe zur Bewußtwerdung der verdrängten religiösen Themen.
2.2.7 M. von Kriegstein
Gesprächspsychologie und Seelsorge unterscheiden sich nicht in der Methode, sondern durch die Zielsetzung und die Erwartung der Ratsuchenden, daß der Seelsorger religiöse Symbole ins Gespräch bringt
2.2.8 D. Stollberg
interpretiert das Gegenüber von Seelsorge und Psychotherapie mit der Hilfe der Zwei-Reiche-Lehre: Sofern Seelsorge mit dem gnädigen Wirken des Schöpfers zu tun hat, gehört sie und den Bereich des Gesetzes und gleicht der Psychotherapie. Weil Seelsorge aber auf dem glauben an den gnädigen Gott beruht, der in Christus den Sünder annimmt, gehört sie auch in den Bereich des Evangeliums. Weil Seelsorge menschlich ist, ist sie Psychotherapie. Weil Seelsorge kirchlich ist, ist sie ein spezielle Psychotherapie, die durch das Credo motiviert und verändert wird.
2.2.9 W. Schütz
Das allgemeine Leitbild des Pfarrers muß sich ändern. Er darf nicht mehr Herr der Seelen und der Gemeinde, nicht mehr Verwalter übernatürlicher Wahrheiten sein, sondern muß “selbst suchend und hörend, verstehend und liebend neben dem Menschen stehen, der seinen Rat sucht
2.3 Tendenzwende in der Lehre von der Seelsorge
Dem Begriff Tendenzwende, der na den evangelikalen Aufbruch unter der Parole “Kein anderes Evangelium!” erinnert, ordnet Möller die Bücher zu, die sich polemisch gegen jede Öffnung der Seelsorge für Psychologie wenden oder die Seelsorger davor Warnen, seien Auftrag, Christus zu bezeugen, für das Linsengericht psychologischer Methoden und Theorien preiszugeben.
2.3.1 J.E. Adams
Jedes menschliche Problem, das Anlaß zum Kontakt mit dem Seelsorger gibt, geht auf ein sündiges VErhalten zurück. Der Seelsorger hat die Aufgabe, den Ratsuchenden anzuleiten, seine Sünde zu erkennen, zu bekennen und sein bisheriges Verhalten zu ändern. Der Ratsuchende erhält z. B. Hausaufgaben mit kleineren Lernschritten in Richtung auf die gewünschte Änderung und seine Fortschritte werden  bei der nächsten Beratungsstunde kontrolliert. Die Beziehungsform des Seelsorgers zum Ratsuchenden ist die des autoritären Führers! Von der Psychologie dar der Seelsorger nichts übernehmen. Freud, Rogers u.a. verführen den Menschen dazu sein Sündersein und seine Erlösungsbedürftigkeit zu leugnen.
2.3.2 H. Tacke
Seelsorge ist nur als Glaubenshilfe auch Lebenshilfe. Der Seelsorger ist Bruder der Ratsuchenden, der ihm im Glauben vorausgeht, und Zeuge, der ihm die gnädige Annahme zuspricht. Eine Seelsorge, bei der der rettenden Namen nicht ausgesprochen und das Evangelium nicht erzählt wird, ist keine Seelsorge.
2.3.3 W. Margies
stellt seiner charismatisch-biblischen Psychologie die Lehre Freud, Jung, Rogers und der Gruppenpsychologen gegenüber und kommt zum Ergebnis, daß die psychologischen Theorien gottlose Irrlehren sind. Ihr Einfluß auf die heutige Seelsorgepraxis ist ein Zeichen des Abfalls von Gott. Die Seelsorge hat die Aufgabe zur Bekehrung und zur Wiedergeburt zu helfen. Probleme, die Anlaß zu eine seelsorgerlichen Gespräch geben, sind Geburts- und Wachstumsstörungen des geistlichen Lebens, in der Regel Aktes des Ungehorsams gegenüber Gottes Wort. Die Mittel sind: das Wort Gottes als Therapeutikum, Beten, Fürbitte, Lossage- und Befreiungsgebet, Belehrung und Ermahnung.
3. Ausführliche Konzepte
3.1 Asmussen
3.1.1 Definition
“Seelsorge ist Verkündigung des Wortes Gottes an den einzelnen” “Seelsorge ist wirkliches Gespräch vom Seelsorger ausgeht und in welchem... der Seelsorger die Führung hat”
3.1.1.1 Vorgehen des Seelsorgers und seine Rolle:
Im einem Gespräch “von Mann zu Mann” wird “dem einzelnen auf seinen Kopf zu die Botschaft gesagt” Das Gespräch “wird auf Veranlassung des Seelsorgers einen Bruch erfahren”. Ist der von Seelsorger im Blick auf das Gesprächsziel gesetzt Ausgangspunkt gewonnen “wird der Seelsorger die Führung nicht wieder aus der Hand lassen”.
Der Seelsorger kommt als Vertreter eines Amtes mit einem Auftrag und einem bestimmten Anspruch. Wichtig für das Gespräch ist seine Offenheit, damit sich er Seelsorgepartner “Angriffsflächen” gibt, so daß er in seinen Worten ”verhaftet” wird, d.h. sich verrät als der, der er ist.
3.1.1.2 In der Situation des Gesprächs wird verkündigt. “Eine Nötigung die” Behauptung “zu beweisen besteht nicht”. Auf den Anknüpfungspunkt beim Menschen ist nicht einzugehen, es bedarf keiner psychologischen Vermittlung
3.1.2 Ziel der Seelsorge
Die “Seelsorge hat es immer mit der Begnadigung des Sünders zutun” Die Bezeugung der Möglichkeit der Gnade führt zur Erkenntnis des “Zorns” Gottes und zum Kampf mit Gott um seine Gnade. Seelsorge hat die Bewegung des Kampfs auszulösen. Die Hindernisse des Strebens ans Lichts ziehen und die Verheißung Gottes auf den Kopf zusagen, da ist Seelsorge im eigentlichen Sinn”
3.1.3 Es kommt zur missionarischen Existenz des Glaubenden. Von der Bekehrung her wird da ganze Leben anders in der Nachfolge Jesu.
3.1.4 Asmussen sieht allerdings für konkrete Ratschläge die sogenannte “Seelenführung” zuständig, die sich zur Seelsorge verhält wie da Evangelium zum Gesetz. Sie hat die Aufgabe, die Gemeindeglieder zu erziehen, ist eine gesetzliche Angelegenheit, die durch christliche Lehre und Predigt der göttlichen Gebote mit deutlicher Richtungsgebung in christliches Leben in der Welt einweist.
3.2 Thunreysen
3.2.1 Begründung der Seelsorge
3.2.1.1 Definition “Die Seelsorge ist die Ausrichtung des Wortes Gottes an den einzelnen in einer je und je bestimmten Situation”.
3.2.1.2 Ziel ist “Glauben zu wecken”, “den einzelnen zum Worte Gottes zu führen, ihn in die Gemeinde einzugliedern und dabei zu erhalten”.
3.2.1.3 Gegenstand ist die Seele des Menschen im biblischen Sinn als “personale Ganzheit nach Leib, Seele und Geist unter em Anspruch Gottes”.
3.2.1.4 Proprium: Lehre und Praxis der Seelsorge werden eine grundlegende andere Gestalt annehmen, je nach dem Menschenverständnis, das vorausgesetzt” ist. Am Verständnis des Menschen entscheidet sich das Wesen der Seelsorge.
3.2.2 Seelsorge als Gespräch
Seelsorge vollzieht sich in Gestalt eines Hören
3.2.2.1 Gespräch als Begegnung: in ihr geschieht eine Verwandlung der sich Begegnenden zu Nächsten durch die Kraft des Wortes. Der Mensch als dialogisches Wesen wird erst durch die Anrede zum Du, das sein Ich entdeckt
3.2.2.2 “Rolle” Gottes: Gott begegnet in der ganzen Wirklichkeit und redet auch in der Begegnung mit dem Nächsten - Der Seelsorger ist ein vor Gott Sprechender. “Der Andere ist vor Gott unser Bruder, unsere Schwester”.
3.2.2.3 Der Seelsorgepartner: Seine grundlegende Not ist die Gottesferne. Im seelsorgerlichen Gespräch geht es um Gotteserkenntnis
3.2.2.4 Rolle des Seelsorgers: Er ist Träger und Übermittler des Wortes Gottes. Dem Seelsorger bleibt als mitte all seines Tun das Gebet als Bitte um den Heiligen Geist und als Fürbitte für den Nächsten, dessen Ansprechbarkeit für das Vergebungswort eben nur der Heilige Geist selbst wirken kann.
3.2.3 Gespräch als Verkündigung
3.2.3.1 Der Bruch im seelsorgerlichen Gespräch: ”.... das ganze Feld des menschlichen Lebens wird dem Urteil es Wortes Gottes unterstellt, darum geht durch das ganz Gespräch eine Bruchlinie, die anzeigt, daß das menschliche Urteilen ... in seiner Vorläufigkeit erkannt ist”.
3.2.3.2 Die Ausrichtung der Sündenvergebung
3.2.3.3 Reich Gottes als Inhalt der Verkündigung
3.2.3.4 Evangelium und Gesetz: Die Hoffnung auf das Kommen des Reichs als einem universalen Geschehen verwickelt den Hoffenden in seinen Kampf.
3.3 Scharfenberg
3.3.1 Definition: “Seelsorge ist die göttliche Gabe der Solidarität eines gemeinsamen Fragens nach der Wahrheit” in einen zeitlich begrenzten Rahmen.
3.3.2 Ziel Dem Ratsuchenden soll durch Zuwachs an Freiheit gegenüber triebhafter Gebundenheit durch sprachliche Rekonstruktion unbewußter Traumata in gleichberechtigem Umgang zur Mündigkeit verholfen werden.
3.3.3 Wurzeln
3.3.3.1 Biblisch: Das Wort hat heilende Funktion. Seelsorge ist christlich motiviertes Gespräch in einer konkreten Situation.
3.3.3.2 Tiefenpsychologie: “Aufhebung des Autor(in)itätsverhältnisses”,
3.3.3.3 Psychoanalyse: Freuds Instanzenmodell von Es - Ich - Über-Ich, Phänomen von Übertragung und Gegenübertragung
3.3.3.4 Menschenbild: Der heutige außengeleitete Mensch braucht zur Konfliktlösung das persönlich beratenden Seelsorgegespräch. Der Mensch ist auf Freiheit, Mündigkeit und ein menschliches Gegenüber hin angelegt.
3.3.4 Person des Seelsorgers: Bewußtsein der Nicht-Autor(in)ität, Hörbereitschaft, Offenheit und Solidarität, beziehungsfördernde Grundhaltung, Partner und Vertreter der Realität, kritische Selbstprüfung, Erkennbarkeit.
3.3.5 Arbeitsweise:
3.3.5.1 Zu unterlassen sind: Stellungnahmen, Urteile und aktive Ratschläge, affektive Reaktionen, Schwankungen in der Gefühlsiintensität
3.3.5.2 Gefordert sind: Bereitschaft, den ratsuchenden anzunehmen, gleichmäßiges Interesse, gleichmäßige Temperatur der Gefühlsstimmung, klar bemessener Zuwendungsraum.
3.3.5.3 Um das Gespräch zu strukturieren: Offene Fragen, Zusammenfassungen und Akzentuierung von THemen, Angebot von religiösen Symbolen zur Erfassung des Problems
3.4. Entstehung und Eigenart der Klinischen Seelsorgeausbildung (KSA)
3.4.1 Pfarrer A. Boisen begann 1925 mit 4 Theologiestudierenden in Worchester (USA) ein klinisches Praktikum. Die Teilnehmer sollten anhand “lebender menschlicher Dokumente “Theologie studieren und Seelsorge lernen.
3.4.2 Boisens Schüler S.Hiltner und Th.Klink entwickelten unter Berücksichtigung neu aufkommender kommunikatiospyschologischer Lebensberatungsmodelle (C. Rogers) pastoralpsychologische Seelsorgepraktika, zunächst mit Betonung auf die Technik der Gesprächsführung, während heute mehr Gewicht “auf ganzheitliche Reifungsvorgänge, seelsorgerische Haltung, theologische Identität des einzelnen und der Gemeinschaft sowie auf die Integration von Person, Rolle und Funktion gelegt wird.”
3.4.3 Heute gibt es 300 KSA-Zentren in USA, in der BRD 15 mit Bethel als überregionalem Seelsorge-Ausbildungsinstitut.
Die Deutsche Gesellschaft für Pastoralpsychologie (DGfP) hat die KSA im Blick auf Grundlegenden Merkmale, Ziele und Elemente und Formen standardisiert.
3.4.3.1 Grundlegedende Merkmale: Erfahrungsbezogenens Lernen mit Einzelnen und Gruppen; Supervision der seelsorgerlichen Praxis und Lernerfahrung in Kursgruppen in einen zusammenhängenden Zeitraum. Theologische und humanwissenschaftliche Theroriebildung
3.4.3.2 Ziele: Seelsorgepraxis theologisch-pastoralpsychologisch bedenken und entwickeln; heile Kraft des Glaubens ... lebendig werden lassen; Gefühle, Stärke und Schwächen, Grenzen und Bedürfnisse von sich selbst und anderen wahrnehmen und angemessen damit umgehen; Befähigung erwerben, seelsorgerlich im Arbeitsfeld sich betätigen, Erfahrung und Kompetenz situationsbezogen einsetzen.
3.4.3.3 Elemente: 1. Seelsorgerlichen Arbeit in einem umgrenzten Praxisfeld, 2. Berichterstattung in Gesprächsprotokollen, Falldarstellungen, 3. Teilnahme an Gruppensitzungen zur Selbsterfahrung und zur Analyse und Auswertung des Praxismaterials, 4. Regelmäßige Einzelvision, 5. Theoretische Reflexion der praktischen Erfahrung unter Berücksichtigung theologischer und humanwissenschaftlicher Erkenntnisse
3.4.4. Kursformen
3.4.4.1 Grundform eines KSA-Kurses: 12 Wochen oder zweimal 6 Wochen zu je 40 Stunden Tätigkeit
3.4.4.2 berufbegleitender, aufgeteilter KSA-Kurs von mindesten 120 eineinhalbstündigen Einheiten Gruppenvision und 10 Stunden Einzelsupervision
3.4.4.3 Kurzkurse zur Einführung, dazu: langjährige Ausbildung zum Supervisor nach ERwerb aller Einzelzertifikate
3.4.5 Selbstverständnis von KSA: Kritische Anfragen an Schultheologie durch Erfahrungstheologie. KSA will helfen, Identität als Christ und Theologe zu artikulieren, “persönlichkeitsspezifisches Credo” zu entwickeln. Aus Theorie soll Praxis werden und an Praxis Theorie entstehen, damit aus Theologie Leben wird.
3.5 J.E. Adams
3.5.1 Definition: Seelsorge ist befreiende Seelsorge, durch biblische Lebensberatung. Schlüssel zum biblischen Verständnis ist der Begriff nouqetein = Ermahnen, warnen, zurechtweisen, erinnern, belehren.
3.5.2 Ziel: Tod der vergangene Lebensweise und Auferstehung zu einer neuen. Der Mensch ist auf einem falschen Weg und muß sich ändern. dAs Leben muß nach dem Gesetz Gottes ausgerichtet werden.
3.5.3 Wurzeln
3.5.3.1 Bibel ist als ganzes lebensrelevant. Besonders wichtig sind die Sprüche und Gesetzesaussagen.
3.5.3.2 Psychologie 1. Starker Bezug zum Behaviourismus, 2. Die Psychoanalyse wird vollständig abgelehnt. “Die Seelsorge muß sich auf  ihr Proprium besinnen und darf nicht ihr Erstgeburtsrecht für eine psychologische Wassersuppe verkaufen.” “Die Seelsorge ist der Psychatrie immer überlegen”.
3.5.3.3 Menschenbild: Der Mensch ist Sünder, er muß für seine Schuld haften. Es gibt außer organischen nur “hamartiogene” Krankheiten.
3.5..4 Person des Seelsorgers: 1. Vorbild, Trainer, Ratgeber , 2. Zwischen Ratsuchendem und Ratgebendem besteht ein Kind-Eltern-Verhältnis, 3. Viele Pfarrer fühlten sich inkompetent angesicht der Spezialisten in der beratenden Seelsorge. 4. Der Seelsorger hat einen generellen Kompetenzanspruch und eine gegenerelle Überlegenheit.
3.5.5 Arbeitsweise: Die Seelsorge ist direktiv. Es werden konkrete Hinweise geben. Eine Ursachenforschung ist nicht notwendig. Das “Warum” des Leidens ist klar, der Mensch ist Sünder!
4. Gegensätzliches Verständnis von Seelsorge am Beispiel von D. Stollberg und H. Tacke
4.1 Dietrich Stollberg
4.1.1 Definition
Ausgehend von Luthers Unterscheidung zwischen Gesetz und Evangelium kommt er zu folgenden Definitionen:
4.1.1.1 Das generelle Proprium - oder Seelsorge unter dem Gesetz: Seelsorge ist ein Psychotherapieverfahren, als solches ist sie analysierbar, mehtodisierbar, lehr- und lernbar. “Als allgemeinmenschliche Erscheinung läßt sich Seelsorge definieren als zwischenmenschliche Hilfe mit seelischen Mitteln.”
4.1.1.2 Das spezifische Proprium - oder Seelsorge unter dem Evangelium: Seelsorge im kirchlichen Kontext “ist Glaubenszeugnis im geschichtlichen Prozeß sich wandelnder Situationen”.  Seelsorge geschieht auf Überwindung des generellen Propriums hin; sie geht in der VErkündigung der Freiheit Gottes über Psychotherapie hinaus.
4.1.2 Ziel
Der Klient soll sich als Sünder von Gott angenommen wissen und damit zu einer realistischeren SElbst- und Fremdeinschätzung gelangen, die ihm hilft, akute Krisensituationen zu bewältigen.
4.1.3 Wurzeln
4.1.3.1 Biblisch: Der Mensch als Hilfe suchendes Wesen hat immer die Tendenz zur Selbstrechtfertigung (Gleichnis vom Verlorenen Sohn) Stollberg sieht zwei Möglichkeiten der Teilhabe am Reich Gottes gesetzlich oder evangelisch. Im Neuen Testament äußert sich Seelsorge als Chance, anders zu leben aufgrund der erfahrenen Liebe.
4.1.3.2 Psychologisch: Seelsorge ist menschlich und daher immer Psychotherapie. Stollberg versucht von verschiedene Psychotheratpieverfahren Elemente für ein integriertes Seelsorge-Modell zu gewinnen. Er übernimmt: 1. Grundkenntnisse der Tiefenpsychologie, 2. Rogers Verhaltensvariablen, Lerntheoretische Erkenntnisse von Verstärkungsmechanismen und Konditionierung, 4. Lebensberatungserfahrungen für Gestaltung der Beratung
4.1.3.3 Anthropologisch: Der Klient ist gleichberechtigter Partner und Bote Gottes, obgleich durch die Professionalisierung eine Beziehungsasymetrie entsteht, Seelsorge soll den ganzen Menschen (Leib und Seele), der immer wieder der Gefahr des Rechtens (Pharisäismus) und damit dem Scheitern an seine Selbstgesetzten Normen aus gesetzt ist: 1. Beistehen, 2. vom Leidensdruck entlasten (Kartharische Funktion), 3. therapeutische und didaktische Funktion haben. 4. befreien und emanzipieren, 5, Überweisen. Seelsorge sieht den Menschen wie er ist unter der Liebe Gottes. Der Mensch ist simul iustus et peccator. Die Seelsorge soll ihn befähigen, seine Selbstwahrnehmung realistischer zu gestalten, sich als Sünder, den Gott liebt anzunehmen.
4.1.4 Person des Seelsorgers
Das Basisverhalten ist das Zuhören. Dieses zuhörende Verhalten hat verkündigenden Charakter. Der Seelsorger muß Theologe, Anthropologe und Methtodiker sein. Er braucht ein klares theologisch-wissenschaftlich reflektiertes Credo und humanwissenschaftliche Grundkenntnisse, um begründet handeln zu können. Wichtiger als die Technik ist die Haltung des Seelsorgers, die kritisch bewußt gemacht werden muß
4.1.5 Arbeitsweise
Der Seelsorge darf davon ausgehen, daß Gott ihn so akzeptiert wie er ist. Diese Grundhaltung und eine fundamentale Fähigkeit der Wahrnehmung erleichtern dem Seelsorger:
Kongruenz von Wort und Verhalten, Authenzität, Befreiung vom Zwang zur Brillanz
4.2 Helmut Tacke
4.2.1 Definition
“Seelsorge ist praxisbezogen Vermittlung des Evangeliums in Form eines freien Gesprächs, in dem die Seelsorge Gottes zur Sprache kommt.”
4.2.2 Ziel
“Das seelsorgerliche Ziel besteht in der Hilfe zum Glauben, so daß der Glaube sich als Lebenshilfe erweisen kann”. Mit seiner programmatischen Formulierung will Tacke darauf hinweisen, daß der Glaube selbst seelsorgerliche Qualität hat und als eine Quelle des Trostes und der Ermutigung in Anspruch zu nehmen ist und nicht bloß indirekt als Mittel zur besseren Krisenbewältigung in den Nöten des Lebens dienen kann. Er meldet Kritik an der bestehenden Seelsorgepraxis, der sogenannten “beratenden Seelsorge” an und fordert ein methodisches “Proprium”, um die unverwechselbare Eigenart und Aufgabe kirchlicher Seelsorge sicherzustellen.
4.2.3 Theologische Voraussetzungen
4.2.3.1 In der christlichen Seelsorge ist auszugehen von der Seelsorge Gottes. Durch das “Pathos” Gottes wird die Konformität Gottes zum leidenden Mitmenschen möglich.
4.2.3.2 Der Mensch ist grundsätzlich ein Trostbedürftiger. Das Wort “Trost” signalisiert einerseits diese defizitäre Grundsituation, andererseits verweist es bereits auf den Trostgrund, der außerhalb menschlicher Verfügbarkeit liegt.
4.2.3.3 Im Glauben an den menschgewordenen Gott transzendiert der Mensch sein bisheriges Ich und findet “in Christus” seine wahre Identität. Die bedeutet eine völlige Relativierung aller Probleme, ein Leben aus der Gelassenheit des Glaubens.
“Evangelische Seelsorge hat kein anders Ziel als die christologische Interpretation der Existenz”
4.2.4 “Methodische Konsequenzen
4.2.4.1 Evangelische Seelsorge geschieht  im Schutzbereich des Namens Gottes, dessen Anwesenheit ihr Geistesgegenwart verleiht und von jedem missionarischen Erfolgszwang befreit.
4.2.4.2 In evangelischer Seelsorge sollte gesprächsgerechte Vermittlung des Evangeliums erfolgen. Neben dem”Umsprechen” in eine spezifisch seelsorgerliche Sprachgestalt fordert Tacke insbesondere das erzählende “Einsprechen” der Geschichte Jesu Christi, das den inklusiven Charakter seines Lebens verdeutlicht und die Existenz des Hörens mit der Christi “verspricht”.
4.2.4.3 Der Seelsorger sollte aufgrund eigener Trostbedürftigkeit und Trosterfahrung reden, da  Voraussetzung der Glaubensgemeinschaft die “Trostgemeinschaft” des Seelsorgepartners ist.
4.2.4.4 Zur dialogischen Struktur des Seelsorgegesprächs gehört neben der “Partnertzentrietzheit” und “Themenzentrietheit” vor alle, die Solidarität im Sinne des Teilens des Defizits und der Angefochtenheit.
4.2.4.5 Neben dem “Mitleiden” ist ein “Miterleben” nötig. Zur Entlastung des Seelsorgers fordert Tacke eine seelsorgeteibende charismatische Gemeinden, die bereit ist zur Aufnahme der BEdürftigen, statt sich um sich selbst zu drehen.
4.2.5 Die Seelsorgerliche Qualität der Glaubensrelation umschließt neben Trost im weitesten Sinn Kraft zum Protest gegen das Unannehmbare statt religiös verbrämter Resignation (“fromme ERgebung”)  und aufgrund der Relativierung der eigenen Probleme Offenheit und Bereitschaft zur Teilnahme am verantwortlichen Mitgestalten de Welt - allerdings unter dem eschatologischen Vorbehalt und unter dem Vorbehalt, daß die Qualität des Glaubens nicht an seiner “Effizienz” zu messen ist.
Katechetik
1. Geschichte der Katechetik
Epoche Name Grundlage Lernziele Methode
Alte Kirche Augustin Bibel in Form von narratio, explicatio, interrogatio, exhortatio anschaulich und einprägsam die Beziehung zu Gott stärken Lernstoff begrenzten und zur Einheit ordnen, Eigenheiten des Zuhöhres beachte
Mittelalter Hugo v. St. Viktor Einführung in die 7 freien Künste über die Innenerfahrung den Menschen verändern cogitatio (denken) meditatio (vertiefen)
contemplatio (existentielle Verwirklichung)
Humanismus Sir Thomas Elyot allgemeine Bildung Erziehung junger aldeliger zu Staatsmänner 3 Stufen:
Mit 7 Jahren bildende Künste, mit 14 spezielle Wissenschaft und Sport, jederzeit Studium der Klassiker (Dichter und Philosophen)
Reformation Luther Priestertum aller Getauften Jeder soll selbst den Glauben überprüfen und begründen können Jeder soll lesen können; Bibel auf deutsch; über den Katechismus Grundwissen bekommen
17. Jhd Comenius
(Böhmische Didaktik) allgemeine Schulpflicht für die Jugend Bildung 4 Phasen: Mutterschule bis 6 Jahre, Muttersprachschule bis 12 (rechnen, lesen), Lateinschule bis 18 (Urteilsvermögen), Universität bis 24 (für öffentliche Ämter)
Pietismus Francke subjektiver Charakter des Glaubens den Glauben im Herzen verwurzeln und lernen, gemäß dem Glauben zu handeln strenge Zucht, den Eigenwillen der Kinder brechen
Aufklärung Rousseau Natur des Kindes, da Kultur negativ positive Kräfte der Kinder entfalten gemäß den wirklichen Bedürfnissen die geringen Kräfte der Kinder unterstützen, aber die Kinder ihrem Alter gemäß erziehen, nicht auf die Zukunft hin
Pestalozzi  Armen aus der Armut heraushelfen
19. Jhd  konfessionelle Staatsgrenzen fallen, Simultanschulen entstehen: konfessioneller und allgemeiner RU :
Schleiermacher Gefühle und innere Entwicklung Erziehung zur aktive Mitwirkung in Staat und Gesellschaft 3 Phasen: Behütung (Beginn, sich mit eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen) Gegenwirkung: (Willensausbildung durch Reibung) Unterstützung (des Inneren zur Förderung eines sittlichen Wertes)
Beginn des 20. Jhd Stieglitz oder Münchner Methode Trägt der kindlichen Psyche Rechnung  5 Stufen: Einstimmung um Interesse zu wecken, Darbietung , Erklärung durch BEschränkung auf das WEsentliche, Zusammenfassung, Anwendung auf Religiosität und Kirche

2. Konzepte
2.1 Neuere Katechetik
Konzeptionstyp Vertreter allgemeine Standortbestimmung des Konzepts Konkrete Intentionen und Ziele Inhalt des RU LehrerIn-Kids-Verhältnis
Evangelische Unterweisung
1947 H. Kittel, Hammelsbeck, Fröhe, Bohne Theologie ist autark, keine Hilfswissenschaft (missionarische) Verkündigung, kein Bildungsgeschehen. “Kirche in der Schule” Bibel, Gesangbuch, Katechismus Kirchengeschichte Lehrerin als ZeugIn, KirchenvertreterIn und VerkündigerIn
Hermeneutischer Religionsunterricht
1958 Stallmann, Otto, Stock, Wegenast historisch-kritische Exegese, Religion als Sprachgeschehen Einführung in christliche Tradition als Prägung der Gegenwart: “Tradition und Situation” Kritisches Denken Biblische Texte, geschichtliche Quellen LehrerIn als LehrerIn, ExegetIn, WissenschaftlerIn

Empirische Wende 1964
Problemorientierter RU
1968 Kaufmann, Nipkow Soziologie, Sozialethik,  Theologie
Pädagogik, Emanzipation, Verstehen gegenwärtiger Wirklichkeit “Situation und Tradition” Erfahrung und Fragen der Kids, Gefahr Bibel als Antwortschema LehrerIn als TeamerIn und ModeratorIn, gleichberechtigtes Verhältnis
Sozialtherapeutischer RU
Anfang der 70er Stoodt, Reiser Psychologie, Soziologie, Pädagogik, Theologie Emanzipation als Ichstärkung, Aufarbeitung der religiösen Sozialisation Sozialer Kontext der Kids, Konflikterfahrungen LehrerIn als TherapeutIn und GesprächsbeobachterIn

Ideologie-, religions- und gesellschaftskritischer RU
70er Otto, Vierzig, Stoodt Politische Theologie (Frankfurter Schule: Adorno, Habermas, Sölle Emanzipation, Kritikfähigkeit, konkrete Utopie Religions- und Gesellschaftskritik herrschaftsfreie Partnerschaft
Sozialgeschichtlicher RU
80er W.+E, Stegemann Theissen Schottroff, Crüsemann Historisch-kritische Exegese, Geschichts- und Altertumswissenschaft, historischer Materialismus Text im Kontext der damaligen Umwelt, Entstehungszusammenhänge des Textes Ziel: Vorstellung der Verwirklichung des Reiches Gottes im Hier und Jetzt Gesellschaftskritik LehrerIn als Fachmann/-frau, die TRansfer leisten kann
Symboldidaktik
80er/90er Halbfas, Biehl Religionsphilosophie Theologie (Tillich, Pannenberg Ricouer) Pädagogik (Entwicklungspsychologie, Kunstgeschichte, Tiefenpsychologie (CG. Jung) Lebensbezug in der Tiefendimension, Anknüpfen an allgemeinen religiösen Bildern und Vorstellungen, Bedeutung von Räumen, zu religiösen Erleben fähig werden Kritischer Umgang mit Symbolen, Ambivalente Wirkung von Symbolen LehrerIn als Fachmann/-frau mit Spezialwissen eigenen Erfahrung, Begleitfunktion

Bibeldidaktik
80er/90er Baldermann,
Neidhart, Steinwede Theologie, Exegese + Hermeneutik, Tiefenpsychologie, Sozialwissenschaft, Erzähltheorie  Biblische Aussagen erlebbarmachen, intuitives Verstehen, Förderung von Sprachfähigkeit Bibel in Kontexten, Bibel als Buch von Erfahrungen und Erfahrbarem LehrerIn als AnwältIn der Kids

3. Begründung des schulischen Religionsunterrichts
theologische pädagogische Begründung Stichworte
 Aufklärung
19. Jhd  theologisch-kirchlich
 19./20.Jhd Reformpädagogik
30er Jahre  Kirche in der Schule
 60er Jahre Curriculum; Schultheorie

3.1 Kulturgeschichtliche Argumentation
Der christliche Glaube in der biblischen Überlieferung und ihren geschichtlichen Konkretionen hat eine grundlegende Bedeutung für unseren Kulturraum; die Schule als Hort und Anwalt der Über-lieferung übernimmt erzieherische Verantwortung für die Interpretation der Überlieferung. Der RU soll der Eigenart er biblischen Überlieferung gerecht werden und ein gewisses Grundwissen und Grundverständnis vermitteln. (Hermeneutische Konzeption nach G. Otto und M. Stallmann)
3.2 Gesellschaftlicher Begründungzusammenhang
Schule bietet Orientierung und Hilfe, um sich in der Gegenwärtigen Gesellschaft zurechtzufinden. Die Gesellschaft ist vom Christentum geprägt (Feste, 7-Tage-Woche, moderne Literatur...), weshalb der RU mit christlichen und biblischen Inhalten vertraut machen soll.
3.3 Volkskirchlich-bildungsorientierter Ansatz
Die Schule hat den Bildungsauftrag, über die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 GG) zu informieren und die Kids dazu zu befähigen, ihre Grund- und Menschenrechte wahrzunehmen. Im Rahmen des RU hat die Kirche las Repräsentantin der biblischen Tradition die Möglichkeit, den RU mit ihrer Grundauffassung zu füllen. Damit wird der Staat dem Befund gerecht, daß die meisten seiner BürgerInnen zu einer christlichen Kirche gehören. Der Bildungsauftrag schließt mit ein, daß die Kids die Möglichkeit erhalten, sich mit ihrem Namenschristentum auseinanderzusetzen und zu verstehen, woher sie eigentlich kommen. (Dabei ist das Studium der Bibel wichtig). Hier geht es also um das Recht der Kids auf “positive Religionsausübung”.
3.4 Anthropologische Argumentation
Jeder Mensch fragt von sich aus nach dem Transzendent, nach dem Sinn des Lebens etc. Die Kids sollen die Möglichkeit erhalten, sich mit diesen Fragestellungen über die Beschäftigung mit Religionen und Weltanschauungen auseinanderzusetzen (LER) Die lebensrelevante Tradition in Form des Christentums ist dabei erste Adresse, mit der sich die Kids auseinandersetzen sollen, ohne andere Weltanschauungen auszublenden. (Der christliche Glaube soll Angebots- und Anfragecharakter haben)
3.5 Rechtliche Argumentation
Art. 7 Abs. 2 und 3 GG: Die Erziehungsberechtigten bestimmen über die Teilnahme am RU;: RU ist ordentliches Lehrfach (außer bei bekenntnisfreien Schulen), er findet konfessionsbezogen und getrennt statt; LehrerInnen und Kids haben die Möglichkeit, sich abzumelden.
4. Konfirmation
4.1 Geschichte der Konfirmation
4.1.1 Neues Testament Eph430: “Und betrübt nicht den heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung” 1Joh220: “Doch ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist, und habt alle das Wissen.” Hebr62: “... den Grund legen mit der Umkehr von den toten Werken, mit dem Glauben an Gott, mit der Lehre vom Taufen, Händeauflegen, von der Auferstehung der Toten und vom ewige Gericht.” Die Geistvermittlung geschieht im Taufakt und ist keine gesonderte Handlung!
4.1.2 Alte Kirche Hippolyt (160/170-238): Kinder und Erwachsenentaufe in drei Teile: Einleitung - Wassertaufe (Reinigung von Sünden durch den Presbyter) - Geisttaufe (Mitteilung der Gnade durch den Bischof) Tertullian (160-220): sie der Wende 2./3. Jhd gehört zur Taufe eine Geistvermittlung. Vorbereitung der Erwachsenen durch Katechumenat (2-3 Jahre Probezeit, nur ernsthafte Bewerber) und Taufunterricht (von Fastenzeit bis zur Osternacht wird der/die BewerberIn vorbereitet). Beides bestand aus Mitteilung und Einübung. Entwicklung in der Alten Kirche: 1. Taufe wird vom Bischof vollzogen. 2. Wegen des Staatschristentums überläßt der Bischof die Taufe den Presbytern, behält aber die Handauflegung zur Geistverittlung. (siehe Hippolyt) 3 Ketzertaufstreit (255-257): Taufe und Handauflegung werden auch zeitlich getrennt, so daß die Taufe erst den Anfang, die Haundauflegung die Vollendung bezeichnet (später wurde aus der Handauflegung die Firmung)
4.1.3 Mittelalter Wegen des starken Zustroms zur Kirche (Taufe wird normal) und der Durchsetzung der Kindertaufe (bloßer liturgisch-sakramentaler Vorgang) erlebt das Katechumenat einen Niedergang. Die Erziehung geschieht nun in der Beichte, was eine Moralisierung zur Folge hat. Eine Kette von Handlungen teilt die Gnade mit: Taufe zur Wiedergeburt, Firmung zur Glaubensstärkung, Eucharistie zur Ernährung, Beichte zur Heiligung (1439 Konzil von Florenz: Firmung wird 2. Sakrament)
4.1.4 Reformation Ablehnung der Firmung als Sakrament, da es nicht von Christus eingesetzt worden ist. Luther: Jeder getaufte Christ soll die Grundwahrheiten des Glaubens kennen; Katechismusunterricht und Taufunterricht zur Vorbereitung auf das Abendmahl (jährliche Abendmahlsverhör) Calvin: Mit 10 Jahren Lehrbefragung, 4mal pro Jahr öffentliche Prüfung, um zum Abendmahl zugelassen zu werden. Erasmus v. Rotterdamm schlägt eine Konfirmationsfeier vor. Bucer führt eine gottesdienstliche Konfirmationshandlung ein (Ziegenhainer Zuchtordnung 1539) zur objektiven Bestätigung der Taufgnade und subjektiven Erneuerung des Taufbekenntnisses. Aber das Mißtrauen gegenüber einer der römischen Firmung ähnlichen Handlung läßt diese Ordnung scheitern.
4.1.5 Pietismus Spener (1635-1705): Taufe ist vorbereitender Segen, Konfirmation ist Abschluß der Bekehrung (also weniger Eingliederung in die Gemeinde)
4.1.6 Aufklärung Konfirmation soll zum selbständigen und lebenstüchtigen Christen werden, in der ein Gesellschaft aufgenommen und erwachsen wird (Schulabschluß)
4.1.7 19. Jahrhundert Verständnis der Konfirmation zur Abenmahlszulassung soll zurückgewonnen werden. Wichern schlägt Trennung von Einsegnung nach Unterweisung und Gelübde zur Abenmahlszulassung vor. Hofmann schlägt nach Unterricht freiwillige Konfirmation vor.
Problem: Taufe ist Aufnahme in die gemeinde. Konfirmation ist ein Konsekration zum Dienst in der Kirche.
4.2 KonfirmandInnenunterricht
4.2.1 Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
KonfirmandInnenunterricht als Erziehung (Fr. Niebergall 1918/1919): Kirche will für Kirche erziehen; die persönliche Religiosität und das kirchengemeindliche Leben soll gefördert und ermöglicht werden.
KonfirmandInnenunterricht als Verkündigung (Thurneysen 1925): Von der Begegnung Gottes mit der Welt soll biblisch gezeugt/gepredigt werden.
KonfirmandInnenunterricht als nachgeholte Taufunterweisung und Sakramentszurüstung (EKD 1960): Erklärung des Gnadenzuspruchs in der Taufe und Zurüstung zum Abendmahl.
4.2.2  Die empirische Wende Mitte der 60er Jahre
Neuorientierung in der Theoriebildung, die sich der Lebenssituation der Jugendlichen zuwendet und mittels soziologischer, pädagogischer und psychologischer Erkenntnisse den KonfirmandInnenunterricht inhaltlich gestaltet (Fragen aus dem Lebenshorizont der Jugendlichen werden aufgenommen, auch affektiv bearbeitet und Freizeiten angeboten).
KonfirmandInnenunterricht als Institution der Volkskirche (W. Neidhart 1964): Als Pubertätsritus kann der KU die Jugendlichen segnend begleitend zu einem verantwortungsvollen und menschlichen Leben führen (keine Erziehung für die Kirche, da gesellschaftlich in der Volkskirche jeder sich konfirmieren  läßt).
KonfirmandInnenunterricht als kirchliche Begleitung in der Pubertät (D. Schoodt 1973) der Konfirmand soll in seinem entwicklungspsychologischem Reifeprozeß begleitet werden. Lernziel sind Gruppenidentität, handlungsorientiertes Wissen, Verhaltensalternativen.
4.3 Allgemein
Der volkskirchliche Rahmen ist zubeachten (alle Schichten sind vertreten), der entwicklungspsychologische Rahmen fordert die diakonische Aufgabe (Lebenshilfe), der kirchlich-theologische Rahmen fordert die theologische (Einführung in  den Gottesdienst, Abendmahl etc.) und liturgische Aufgabe( Einüben in Gottesdienst, Lieder etc.)
Fragen zur theologischen Bedeutung: Famillienfest, Ritus, Bekenntnis, Taufbestätigung...?
FRagen zum Veranstalter: Kirchengemeinde oder KonfirmandInnen?
Fragen zur Liturgie: Prüfung, Gelöbnis Abendmahl bei der Konfirmation?
Frage zum Verhältnis von Konfirmation und Konfirmationsunterricht: Vorbereitung der Konfirmation oder Abschluß des KU?

Kasualien
1. Taufe

1. Taufe, das Sakrament der Rettung in einer bedrohten Welt
  ist das Sakrament der Befreiung aus dem Bann des Bösen
  ist das Sakrament der neuen Schöpfung
  ist das Sakrament der Annahme
  ist das Sakrament der Gemeinschaft
  ist das Sakrament der christlichen Einheit
2. Taufpraxis im Umbruch: Wünsche an die Kirchen
  Freigabe des Taufalters
  Gemeindearbeit aus der Taufe
  Taufe und Gottesdienst integriert
  Taufgedächtnis und Tauferneuerung

Taufe geschieht zur Vergebung der Sünden Apg238 wird mit Wasser vollzogen
 Der Name Jesu Christi wird über dem Täufling ausgerufen zum Zeichen seiner Übereigung an den erhöhten Kyrios
 Taufe ist verbunden mit der Gabe des Geistes
 ist Bad der Wiedergeburt (Tit35, 1Petr123)
  ist ein Mitsterben und Mitauferstehen mit Christus (Röm6)
 Kindertaufe wohl erst ab 3. Jhd

1.1 Geschichte und gegenwärtiges Taufverständnis
1.1.1 Neues Testament Aus Mt313-17 und Mt2819f  leitet sich die Hypothese ab, daß die Taufe aus er jüdischen Proselytentaufe abgeleitet sei, von jüdischen Täufergruppen im Jordantal übernommen wurde, Bußtaufe zur Vergebung der Sünden sei (bei Johannes der Täufer Mk14; jedoch einmalig)
1.1.2 Wesensmerkmale der christlichen Taufe
1.1.3 Alte Kirche Die Kindertaufe ist bei Irenäus nachweisbar, Tertullian bekämpfte sie, Origines und Cyprian war sie schon kirchliche Sitte. Mit der Konstantinischen Wende 311 bekam sie auch politische Bedeutung: nur wer getauft ist, kann römischer Bürger sein. Bei Augustin tilgt die Taufe die Erbsünde, läßt nur den “Zunder” fomes peccati zurück, im Menschen wird ein charakter indelebilis geschaffen, damit wird Taufe zum Sakrament.
1.1.4 Luther sagt, daß die Taufe ohne Glauben nichts nütze. Gottes Verheißung hat Glauben weckende Kraft, daher kann es auch Glauben der Kinder geben. (Gott kann Alten und Kindern den heiligen Geist geben; die Ablehnung der Kindertaufe ist ein unbiblischer Rationalismus).
1.1.5 Später betont die Orthodoxie eher nur das Wort und damit den sakramentalen Charakter der Taufe.
1.1.6 Der Pietismus betont den Glauben und sieht die Konfirmation als Ergänzung zur Taufe, da sie bewußter Glaubensentscheid ist.
1.1.7 Die Aufklärung bezeichnete sie als Initiationsritus,
1.1.8 die lutherische Erweckungsbewegung des 19. Jhd. spricht von ihrer Heilsbedeutung und dem notwendigen Glauben der Eltern, mit dem sie das Kind christliche erziehen.
1.1.9 Karl Barth sagt, die Taufe sei die Begründung des christlichen Lebens, Taufe mit dem heiligen Geist und Wassertaufe: in der Geisttaufe wirkt Jesus Christus als das eine und einzige Sakrament der Kirche, dem göttliche Wirken antwortet der Mensch mit seine christlichen Leben, dessen Anfang durch die Taufe mit Wasser gesetzt wird. Daher ist er gegen eine Kindertaufe. “Taufe mit Wasser als das verbindliche Bekenntnis des menschlichen Gehorsams, seiner Umkehr, seiner Hoffnung.”
1.1.10 Die Konvergenzerklärung von Lima versucht eine Kompromiß: “ Beide Formen der Taufe verkörpern Gottes eigene Initiative in Christus und bringen eine Antwort des Glaubens zum Ausdruck, die innerhalb der Gemeinschaft der Glaubenden gegeben wird”. Beim Kind ist es der kooperative Glaube, beim Erwachsenen das Ausdrückliche Bekenntnis, aber das Wachsen im Glauben in der Begleitung durch die Kirche geschieht in beiden Fällen.
1.1.11 DEKT 1989 Berliner Taufthesen:
1.2 Konzept Rudolf Bohren
Bohren hält Kasualien für die Nahtstelle zwischen Kirche und Welt. Er fragt, inwieweit Kasualien die Möglichkeit eröffnen, das Evangelium zu verkünden und spricht gegen das “Evangelisationsfieber” in  Verkündigung oder Seelsorge im Zusammenhang einer Kasualie. Probleme sieht er zu einen auf Seiten des Pfarrers, der zum Amtsträger reduziert würde, zum anderen darin, daß die menschliche und gesellschaftliche Funktion der Kasualie heutzutage die Alleinherrschaft antrete, obwohl sie eigentlich der Kontinuität des Lebens in und mit der Gemeinde dienen soll. Daher sieht er in der Kasualpraxis eher eine “missionarische Ungelegenheit”. Kirche, die wesenhaft “Mission” sei, ist nicht in der Kasualpraxis: der Ritus macht den Christen, nicht Verkündigung, Gemeinschaft und Dienst. Im diesen Sinne haben wir eine falsche Kasualpraxis.
Durch Monopol der Amtshandlungen beim Pfarrer sind sie aus der Koinoia der Gemeinde herausgelöst, daher fordert Bohren: Das Pfarramt muß aus der Gefangenschaft der Kasualien befreit werden, die Gemeinde muß zu den Kasualien bevollmächtigt werden, damit in Freude und Leid Koinonia geschehe.
Bohren sieht die Misere der Kasualpraxis einhergehen mit der Misere der Katechetik, daher fordert er die “apostolische Vaterschaft”/geistlicher Unterricht der Väter im oikos, hier nicht nur als Familie, sondern auch als Hauskirche zu verstehen (aber offen!). Er schlägt vor., der Pfarrer solle sich weigern und stattdessen soll die Lehre mitgeteilt/unterrichtet werden, damit die Kasualpraxis verantwortlich in die Hand der Laien gelegt werden kann. Der Pfarrer wird vom Amtsträger zum Dozenten, der die Presbyter darin unterweist zu unterrichten (Erwachsenunterricht)
2. Trauung
2.1 Geschichte und gegenwärtiges Verständnis der Trauung
2.1.1 Neutestamentliche Zeit: Hochzeit bei Juden und Heiden ohne besondere Bindung an den Gottesdienst
2.1.2 Alte Kirche: bei Ignatius gibt es erste Hinweise auf eine Verbindung von Ehe und Kirche. Unter den Einfluß des germanischen Rechts wurde auch im römischen Reich die Übergabe der Braut an den Bräutigam durch den Vater Bestandteil der Eheschließung. Aus der Einsegnung der Ehe im Gottesdienst hatte sich die Brautmesse entwickelt
2.1.3 ab dem 11./12. Jhd versuchte die Kirche eine eigene Zuständigkeit in Ehesachen durchzusetzen. Daraus resultiert die Ehe als Sakrament
2.1.4 Diese Sakramentsauffassung wurde von Luther verworfen (1522/29), aber er behielt eine vor der Kirche vom Pfarrer vollzogenen Akt der Trauung und einen aus Lektionen und Fürbitten mit Handauflegung bestehenden gottesdienstlichen Akt in der Kirche als Ersatz der Brautmesse bei.
2.1.5 Tridentinum: Durch das Dekret “Tametsi” ist die klerikale Trauung obligatorisch.
In protestantischen Gebieten wird die Trauung der weltlichen Herrschaft zugesprochen.
2.1.6 Anfang des 18. Jhd: Die Böhmischen Brüder entwickelten eine Eherecht: Rechtsgedanke ist, daß die Ehe in der Tauung durch das Zusammensprechen des Pfarrers begründet wird.
2.1.7 1876 Zivilehe wird eingeführt und ist nun obligatorisch. Der rechtsbegründene Akt ist allein der vor den Standesbeamten erklärte Ehewille, kirchliche Trauung erhält wieder ihren rein gottesdienstlichen Charakter.
2.2 Konzepte
2.2.1 G. Barczay begründet die Trauung nicht aus theologischen Prinzipien, sondern unter Verweis auf die Wirklichkeit der Ehe in der modernen Gesellschaft. Die Eheschließung ist einmalig, wo sie vom Staat bezeugt wird, kann keine kirchliche Handlung damit direkt verbunden werden. Trauung ist nicht notwendig zum Eingehen der Ehe, kann sich aber immer noch als guter und hilfreicher Dienst der Kirche an den Menschen erweisen, die danach fragen. Die Trauung gehört in die Aufbauphase der Ehe, in der sich die personale Beziehung herausbildet. Wenn die Trauhandlung der Kirche darauf helfend einwirken kann, ist sie als Dienst am Menschen gerechtfertigt. Wenn die Kirche das Zeugnis vom Evangelium in persönlicher Ausrichtung auf das Paar weitergibt, kann sich eine neue Quelle und ein neues Motiv der Liebe für es erschließen, so daß die gegenseitige Bejahung an diesem Punkt vertieft und verfestigt werden kann. Gemeinschaft im Glauben kann als Motiv die übrigen Aspekt der Lebensgemeinschaft vertiefen. Durch die gottesdienstlichen Handlung kann die Kirche das ihr Anvertrautes verdichtet dem Paar anbieten; Der Gottesdienst in der Kirche ist das Symbol der Anwesenheit Gottes.
Konsequenz: 1. Traugespräch mit dialogischen Charakter ist Voraussetzung 2. Möglichkeit der Stille im Traugottesdienst muß gewährleistet sein 3. keine Vermittlung christlicher Ordnungen und Regeln für die Ehe 4. keine Verpflichtung auf kirchliche Eheordnung und christliche Eheführung 5. Neubenennung erforderlich: “Gottesdienst zum Beginn der errichtung totaler Lebensgemeinschaft.
2.2.2 Für M. Josuttis ist die Trauung ein Ritualphänomen, die aus sich selbst heraus verstanden werden kann. Der Mensch feiert in der Trauung den Tatbestand seines Leben, Leben und Liebe gehören zusammen. Zum Fest des Lebens gehört ein alltagstranszendierender Trend. Das Christentum hat im Trautritus eine klassische Aufgabe der Religion übernommen: “Religiöser Charakter ihrer Institutionalität.” Die Kirche ist das Vollzusorgan religiöser Bedürfnisse, daher muß sie spezifische Gesichtspunkte, die sich aus dem Besonderen des biblischen Gottesbildes ergeben berücksichtigen: “ Gott ist die Liebe, aber die Liebe nicht Gott” 2. “Hochzeit ist das Fest des Lebens, aber das Leben ist nicht nur ein Fest” 3. “Hochzeit ist die Feier des Lebens in der Familie als Vorzeichen für die Feier des Lebens in Gottes Reich” (Glück gibt es kollektiv oder gar nicht, daran erinnert die metaphorische Redewese der Bibel vom kommenden Reich)
3. GEschichte und gegenwärtiges Verständnis der Beerdigung